Familie und Auto (LFS 02255 2) : Différence entre versions

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ZT: Der Sonntagsstrauß  
 
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Mädchen und Junge beim Blumenpflücken.
 
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|Contexte_et_analyse_de=Der Amateurfilm dokumentiert das Zusammenleben und vor allem die Freizeit einer im pfälzischen Schwegenheim (Pfalz) ansässigen Familie und den Besuch ihrer Verwandtschaft aus Kusel zwischen 1930 und 1934, die mindestens drei Generationen umfasst. Die Bilder sind sehr bewegt und mit der Hand aufgenommen ohne Stativ. Zehn Schrifttafeln informieren über den Inhalt und strukturieren ihn. Die ersten Szenen, denen keine Tafel vorangestellt ist, zeigen das Auto der Kuseler, das von einigen Männern umringt ist. Dann überprüft ein Mann im Sonntagszwirn den Ölstand am Auto, dessen Motorraum seitlich geöffnet ist. Drei Mädchen und zwei Jungen tanzen dann um einen Baum herum. Ein kleines Kind wäscht sich die Hände und ist auf dem Arm der Mutter zu sehen. Die nächsten Szenen zeigen einen offenen Platz in einer Stadt sowie den Rhein, auf dem ein Raddampfer mit rauchendem Schornstein fährt. Nach dem Titel ‚Fräulein Emma Haussknecht‘ sind zwei Frauen in Alltagskleidung zu sehen, die fröhlich in die Kamera lächeln. Der Titel ‚Das neue Album‘  führt eine Sequenz ein, in der die Familie auf der Treppe zum Hauseingang sitzt: Sohn Walter im Matrosenanzug blättert in einem Zigarettenalbum, in dem ein großes Foto von Adolf Hitler zu sehen ist. Der ‚Führer‘ wird so quasi in die Familie integriert. Der Titel ‚Im Arbeitsdienst‘ bezieht sich ironisch auf den Reichsarbeitsdienst und zeigt den Opa, wie er einen Baum zersägt und Walter hilft ihm dabei. Nach dem Titel ‚Die Kuseler am Altrhein‘ sieht man, dass der Besuch dort spazieren geht. Es schließt sich eine Sequenz ‚Tischtennismeister‘ an, in der die Tochter Tilly und Sohn Walter im Matrosenuniform etwas chaotisch Tischtennis spielen. Der Besuch übernimmt seine Position und spielt disziplinierter. In der Szene ‚An Ostern 1934. Mama sortiert Bildchen‘ breitet sie kleine Fotos auf ihrem Schoß aus. Walter zeigt die Backform eines Osterhasen erst in die Kamera und dann einem älteren Herrn. ‚Spaziergang zur Baggerstelle auf der Insel Floßgrün‘, die eigentlich Flotzgrün heißt, zeigt die beiden Familien beim Spaziergang. Es ist eine künstliche Insel, die im Zug der Rheinbegradigung im 19. Jahrhundert angelegt wurde. Da die Personen vor der Kamera wechseln wird deutlich, dass verschiedene Familienmitglieder sie bedienen. Sie besuchen eine Baustelle mit Bagger, Schienen und abgesägten Baumstämmen. Der Vater versucht, auf den Gleisen zu balancieren. ‚Tilli und ihr Zieh am Riemen. Walter als Einzeltänzer‘ beschreibt die Sequenz, bei der die Tochter auf einer Mauer sitzend Ziehharmonika spielt. Einige Familienmitglieder stehen um sie herum. Walter fängt an zu tanzen, während der Besuch die Gesten eines Dirigenten nachahmt. Einige Familienmitglieder werden in Nahaufnahme gezeigt. Die Sequenz ‚Im Heidelberger Schloss‘ zeigt einen Ausflug der Familie und dass Heidelberg schon damals ein beliebtes Ausflugsziel war. Der Innenhof ist mit Menschen gut gefüllt – vielleicht handelt es sich um die ‚Reichsfestspiele‘. Joseph Goebbels wollte aus Heidelberg „ein Salzburg des deutschen Südwestens“ machen. Eine SA-Gruppe mit Musikinstrumenten läuft durchs Bild, als sich die Familien auf einer Bank ausruhen. In der letzten Sequenz ‚Der Sonntagsstrauß‘ pflücken Tilli und Walter Blumen im Garten.
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Die Aufnahmen zeigen nicht den Arbeitsalltag, sondern das Familienleben an Sonn- und Feiertagen sowie den Besuch der Verwandtschaft aus Kusel. So sind beide Familien immer gut gekleidet. Hinzu kommt die Tatsache, dass es sich bei den gezeigten Aktivitäten allesamt um Freizeitaktivitäten handelt: Spaziergänge, Ausflüge, Tischtennisspiel und das Spielen eines Instrumentes. Die Familie konnte diesen Beschäftigungen nur in ihrer Freizeit nachgehen. Natürlich kann auch der Einfluss der Kamera selbst eine Rolle gespielt haben. Darum kann die festliche Kleidung auf die Gegenwärtigkeit der Kamera zurückzuführen sein. Interessant zu beobachten ist der Radius, in welchem sich die Familie bewegt. Während einige Aufnahmen im Heimatort entstanden sind, ist die Insel Flotzgrün ungefähr acht Kilometer von Schwegenheim entfernt und das Schloss Heidelberg etwa 50 Kilometer. Die im Zug der Rheinbegradigung künstlich geschaffene Insel umfasst etwa 340 Hektar, die landwirtschaftlich und bei Hochwasser als Polder genutzt wird. Seit 1966 betreibt BASF auf etwa 80 Hektar eine Deponie von BASF, auf der Bauschutt und giftige Produktionsrückstände ablagert werden.
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Das Filmen als Hobby und das Auto zu Beginn zeigt, dass beide Familien wohlhabend waren. Das Auto ist wahrscheinlich ein Dixi/BMW 3/15, das erste Modell der Bayrischen Motoren Werke. Der zwischen 1929 und 1932 gebaute Wagen kostete zwischen 2.175 und 2.575 Reichsmark. Sich ein solches Auto zu leisten war zu dieser Zeit alles andere als selbstverständlich, zumal sich Deutschland seit dem Börsencrash von 1929 in einer schweren Wirtschaftskrise befand.
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Jo Diseviscourt
 
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Version du 7 juillet 2020 à 14:17


Avertissement[1]

Résumé


Familie und ihr Auto, Arbeitsdienst, Ausflüge zum Rhein und nach Heidelberg

Description


Frauen auf der Straße, Männer stehen um Auto herum, Mann schaut in Motorhaube des Autos. Schwenk über versammelte Familie. Kinder halten sich an den Händen und tanzen um einen Baum herum. Kleinkind spielt an Wasserbottich, wird auf dem Arm gewippt. Mann am Rheinufer, vorbeifahrende Lastkähne. ZT: Fräulein Emma Hausknecht Zwei Frauen im Garten. ZT: Das neue Album Junge mit Sammelalbum (u.A. Foto von Adolf Hitler). ZT: Im Arbeitsdienst Mann sägt umgefallenen Baumstamm durch, Junge hält den Baum fest. ZT: Die Kuseler am Altrhein Familie beim Spaziergang. ZT: Tischtennismeister Kinder beim Tischtennis spielen im Garten, Vater spielt mit. ZT: An Ostern 1934 Mama sortiert Bildchen Frau sitzt auf Treppe mit Bildern auf dem Schoß. Junge mit Osterhase. ZT: Spaziergang zur Baggerstelle auf der Insel Floßgrün Familie beim Spaziergang über einen Damm und durch den Wald, am Rheinufer entlang. Bagger am Rheinufer. TC: 10:26:03 ZT: Tilli und ihr Zieh am Riemen. Walter als Einzeltänzer Mädchen spielt auf Akkordeon, Familie hört zu, Junge tanzt. ZT: Im Heidelberger Schloß Familie beim Ausflug am Heidelberger Schloß, Ansichten vom Schloss, v.E. ZT: Der Sonntagsstrauß Mädchen und Junge beim Blumenpflücken.

Métadonnées

N° support :  LFS 02255 2
Date :  Entre 1930 et 1934
Coloration :  Noir et blanc
Son :  Muet
Timecode :  00:10:50
Durée :  00:10:50
Format original :  16 mm
Genre :  Film amateur
Thématiques :  Identité, Traditions, Pâques, Patrimoine industriel et agricole, Industrie
Institution d'origine :  Haus des Dokumentarfilms

Contexte et analyse


Der Amateurfilm dokumentiert das Zusammenleben und vor allem die Freizeit einer im pfälzischen Schwegenheim (Pfalz) ansässigen Familie und den Besuch ihrer Verwandtschaft aus Kusel zwischen 1930 und 1934, die mindestens drei Generationen umfasst. Die Bilder sind sehr bewegt und mit der Hand aufgenommen ohne Stativ. Zehn Schrifttafeln informieren über den Inhalt und strukturieren ihn. Die ersten Szenen, denen keine Tafel vorangestellt ist, zeigen das Auto der Kuseler, das von einigen Männern umringt ist. Dann überprüft ein Mann im Sonntagszwirn den Ölstand am Auto, dessen Motorraum seitlich geöffnet ist. Drei Mädchen und zwei Jungen tanzen dann um einen Baum herum. Ein kleines Kind wäscht sich die Hände und ist auf dem Arm der Mutter zu sehen. Die nächsten Szenen zeigen einen offenen Platz in einer Stadt sowie den Rhein, auf dem ein Raddampfer mit rauchendem Schornstein fährt. Nach dem Titel ‚Fräulein Emma Haussknecht‘ sind zwei Frauen in Alltagskleidung zu sehen, die fröhlich in die Kamera lächeln. Der Titel ‚Das neue Album‘ führt eine Sequenz ein, in der die Familie auf der Treppe zum Hauseingang sitzt: Sohn Walter im Matrosenanzug blättert in einem Zigarettenalbum, in dem ein großes Foto von Adolf Hitler zu sehen ist. Der ‚Führer‘ wird so quasi in die Familie integriert. Der Titel ‚Im Arbeitsdienst‘ bezieht sich ironisch auf den Reichsarbeitsdienst und zeigt den Opa, wie er einen Baum zersägt und Walter hilft ihm dabei. Nach dem Titel ‚Die Kuseler am Altrhein‘ sieht man, dass der Besuch dort spazieren geht. Es schließt sich eine Sequenz ‚Tischtennismeister‘ an, in der die Tochter Tilly und Sohn Walter im Matrosenuniform etwas chaotisch Tischtennis spielen. Der Besuch übernimmt seine Position und spielt disziplinierter. In der Szene ‚An Ostern 1934. Mama sortiert Bildchen‘ breitet sie kleine Fotos auf ihrem Schoß aus. Walter zeigt die Backform eines Osterhasen erst in die Kamera und dann einem älteren Herrn. ‚Spaziergang zur Baggerstelle auf der Insel Floßgrün‘, die eigentlich Flotzgrün heißt, zeigt die beiden Familien beim Spaziergang. Es ist eine künstliche Insel, die im Zug der Rheinbegradigung im 19. Jahrhundert angelegt wurde. Da die Personen vor der Kamera wechseln wird deutlich, dass verschiedene Familienmitglieder sie bedienen. Sie besuchen eine Baustelle mit Bagger, Schienen und abgesägten Baumstämmen. Der Vater versucht, auf den Gleisen zu balancieren. ‚Tilli und ihr Zieh am Riemen. Walter als Einzeltänzer‘ beschreibt die Sequenz, bei der die Tochter auf einer Mauer sitzend Ziehharmonika spielt. Einige Familienmitglieder stehen um sie herum. Walter fängt an zu tanzen, während der Besuch die Gesten eines Dirigenten nachahmt. Einige Familienmitglieder werden in Nahaufnahme gezeigt. Die Sequenz ‚Im Heidelberger Schloss‘ zeigt einen Ausflug der Familie und dass Heidelberg schon damals ein beliebtes Ausflugsziel war. Der Innenhof ist mit Menschen gut gefüllt – vielleicht handelt es sich um die ‚Reichsfestspiele‘. Joseph Goebbels wollte aus Heidelberg „ein Salzburg des deutschen Südwestens“ machen. Eine SA-Gruppe mit Musikinstrumenten läuft durchs Bild, als sich die Familien auf einer Bank ausruhen. In der letzten Sequenz ‚Der Sonntagsstrauß‘ pflücken Tilli und Walter Blumen im Garten.

Die Aufnahmen zeigen nicht den Arbeitsalltag, sondern das Familienleben an Sonn- und Feiertagen sowie den Besuch der Verwandtschaft aus Kusel. So sind beide Familien immer gut gekleidet. Hinzu kommt die Tatsache, dass es sich bei den gezeigten Aktivitäten allesamt um Freizeitaktivitäten handelt: Spaziergänge, Ausflüge, Tischtennisspiel und das Spielen eines Instrumentes. Die Familie konnte diesen Beschäftigungen nur in ihrer Freizeit nachgehen. Natürlich kann auch der Einfluss der Kamera selbst eine Rolle gespielt haben. Darum kann die festliche Kleidung auf die Gegenwärtigkeit der Kamera zurückzuführen sein. Interessant zu beobachten ist der Radius, in welchem sich die Familie bewegt. Während einige Aufnahmen im Heimatort entstanden sind, ist die Insel Flotzgrün ungefähr acht Kilometer von Schwegenheim entfernt und das Schloss Heidelberg etwa 50 Kilometer. Die im Zug der Rheinbegradigung künstlich geschaffene Insel umfasst etwa 340 Hektar, die landwirtschaftlich und bei Hochwasser als Polder genutzt wird. Seit 1966 betreibt BASF auf etwa 80 Hektar eine Deponie von BASF, auf der Bauschutt und giftige Produktionsrückstände ablagert werden. Das Filmen als Hobby und das Auto zu Beginn zeigt, dass beide Familien wohlhabend waren. Das Auto ist wahrscheinlich ein Dixi/BMW 3/15, das erste Modell der Bayrischen Motoren Werke. Der zwischen 1929 und 1932 gebaute Wagen kostete zwischen 2.175 und 2.575 Reichsmark. Sich ein solches Auto zu leisten war zu dieser Zeit alles andere als selbstverständlich, zumal sich Deutschland seit dem Börsencrash von 1929 in einer schweren Wirtschaftskrise befand.

Jo Diseviscourt

Lieux ou monuments


Schwegenheim; Heidelberg; Rhein



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