Festzug (LFS01407 1) : Différence entre versions
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|thematique=Identity@ Traditions@ Local festivals | |thematique=Identity@ Traditions@ Local festivals | ||
+ | |Resume_de=Festumzug anlässlich der 600-Jahrfeier in Philippsburg. | ||
|Resume_en=Festive parade at the occasion of the 600th anniversary of Philippsburg. | |Resume_en=Festive parade at the occasion of the 600th anniversary of Philippsburg. | ||
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|Description_de=ZT: Im August 1938 herrschte Feststimmung in der Stadt. / | |Description_de=ZT: Im August 1938 herrschte Feststimmung in der Stadt. / | ||
Die 600-Jahrfeier wurde zu einem großen Erlebnis. / | Die 600-Jahrfeier wurde zu einem großen Erlebnis. / | ||
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ZT: Die Urne als Sinnbild der frühesten Geschichte. | ZT: Die Urne als Sinnbild der frühesten Geschichte. | ||
Pferdekutsche, im Hintergrund ein mit Hakenkreuz-Fahnen geschmücktes Haus. Zeichnung des Trommlers von Philippsburg. | Pferdekutsche, im Hintergrund ein mit Hakenkreuz-Fahnen geschmücktes Haus. Zeichnung des Trommlers von Philippsburg. | ||
+ | |Description_en=ZT: In August 1938 there was a festive mood in the city. / The 600th anniversary was a great experience. / | ||
+ | ZT: The pageant showed magnificent pictures and groups. | ||
+ | Parade with horse-drawn carriages, people with cart, children pulling a ship on a carriage, band, view on the street decorated with swastika flags, various decorated horse-drawn carriages, riders, women wearing a fishing net, decorated with nets coach, men with swastika flags, Children draw a cannon. | ||
+ | TC: 10:22:49 Riders get off the horses (dark). | ||
+ | ZT: The urn as a symbol of the earliest history. | ||
+ | Horse-drawn carriage, in the background a house decorated with swastika flags. Drawing of the drummer of Philippsburg. | ||
+ | |Contexte_et_analyse_de=Der Himmel war wolkenverhangen und es regnete, als die Philippsburger im August 1938 das 600-jährige Stadtjubiläum mit einem Festzug begingen. Unmittelbar vor dem Festzug war auf dem Marktplatz das Festspiel über den „Trommler von Philippsburg“ aufgeführt worden. Die Zeit des Festspiels, die historische Welt des 17. Jahrhunderts, wie sie Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen in seinem Roman über den „abenteuerlichen Simplizissimus“ dargestellt hatte, sollte auch der zeitliche Rahmen für den Festzug sein. Der damalige Bürgermeister Oswald Kirchgeßner betonte in seiner Ansprache, „daß dieses Fest bewusst schlicht und einfach, der Zeit und der schweren Geschichte der Stadt entsprechend, gefeiert werde“. Die Gegenwart, in die das Jubiläum fiel, war der Nationalsozialismus. Der kurze Film über das Ereignis lässt die Fahnen und Fähnchen mit den Hakenkreuzen nicht übersehen – und weniger noch die nationalsozialistischen Gruppen, die im Festzug mitmarschieren. Sie fallen heraus aus der historischen Vergangenheit, der das äußere Bild des Festzuges entsprechen sollte. | ||
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+ | Auch ein Festzug ist ein „Medium“, mit dem sich eine Gesellschaft darstellt – eine Stadtgesellschaft in diesem Fall, die im Verweis auf ihre Geschichte sich ihrer Identität in der Gegenwart zu versichern sucht. Der Festzug wird zur medialen Form, in dem sich das soziale Gedächtnis manifestiert, zum Ort, an dem die kollektive Erinnerung sich nicht nur aktualisiert, sondern anschaulich wird in der „Aufführung“ eines Festzuges, mit der sich das Bild der Stadtgemeinschaft zugleich wiederholt und verändert. Wie verarbeitet es eine bürgerliche Stadtgesellschaft, wenn in diese Erinnerungskultur die Gegenwart einer projektierten nationalsozialistischen Volksgemeinschaft einbricht, die letztlich nicht mehr bürgerlich verfasst ist? | ||
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+ | Die erste Einstellung des Films irritiert. Die Halbtotale hält die Zuschauer auf dem Gehweg gegenüber konsequent im Blick, die Wagen und Gruppen jedoch, die vorne vorbei defilieren, sind wiederholt groß oder zu groß im Bild. Da ist der Wagen mit dem Modell der Stadtfestung, dem Roten Tor. Mädchen in weißen Kleidern tragen ein Fischernetz. Der „Vater Rhein“ liegt halbnackt in seinem Wagen mit den Schilfgräsern. Jungen ziehen ein Boot mit zwei Fischern. Historische Trachten und Geräte prägen die „lebenden Bilder“ – die Not vergangener Tage soll in Erinnerung gerufen werden. Dann tritt die Nazi-Kapelle in Uniform auf – der Abstand zum vorigen Wagen scheint sie geradezu anzukündigen. Die Zuschauer sind gewissermaßen mit auf der Bühne bei einem Festzug, und auch in dieser Einstellung des Films bleiben sie im Hintergrund beständig im Blick: Der Festzug zieht an ihnen vorüber, zieht durch das Bild hindurch – und versammelt das Disparate und Widersprüchliche in der Bewegung, mit der der Zug voranschreitet. Das „Medium“ des Festzuges hält das Getrennte und Gegensätzliche zusammen in seiner visuellen Erscheinung: eine Stadtgesellschaft zwischen Erinnerung und nationalsozialistischer Gegenwart, zwischen dem Recht des Einzelnen und der Idee einer Volksgemeinschaft, in der dieses Recht verloren zu gehen droht. | ||
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+ | Die Zuschauer sind beharrlich im Blick, sie gehören zur Inszenierung des Festzuges, und nach einem Schnitt sieht man sie auch im Vordergrund im Bild, während sich der Zug auf gleißender Straße der Kamera entgegen bewegt. Jetzt tauchen die Darsteller aus dem Festspiel in mehreren Schnitten auf: Der Kommandant Kaspar Bamberger und sein Kapitän auf dem Pferd, Soldaten mit eisernen Helmen, ein Planwagen mit niederem Volk. Das Schauspiel über den „Trommler von Philippsburg“ wird zu einer Art „Script“ für den Festzug, in das sich auch die Bauern und Fischer mit ihren alten Gerätschaften einfügen. Die fiktionale Geschichte, die von Grimmelshausens Schelmenroman angeregt ist, prägt das Erscheinungsbild des Festzuges, das sich offen hält im Ineinander von Fiktion und Realität. | ||
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+ | Die Nazi-Gruppen, die dann in Reih und Glied vorbei marschieren und in der Halbnahen meist mit stoischen Gesichtern ins Bild rücken, verweisen in ihrem demonstrativen Auftreten nur noch auf sich selbst, auf die gesellschaftliche Realität der Gegenwart. In der Bewegung des Voranschreitens nimmt der Festzug auch die Nationalsozialisten auf in die widersprüchliche Realität, die er selbst erst möglich macht. Der Anführer der Gruppe erhebt die Hand zum Hitlergruß – und im Vordergrund ist für eine kurze Sekunde die Hand eines Zuschauers zu sehen, der den Gruß erwidert. Im flüchtigen visuellen Ereignis einer hochgeschnellten Hand deutet sich das Schauspiel von NS-Masseninszenierungen an, die mit ihrer Faszination auch die Herrschaft der Einheit durchsetzt, der sich der Festzug widersetzt. | ||
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+ | Philippsburg anno 1938: Der kleine Amateurfilm lässt das kulturelle Gedächtnis der Stadtgemeinschaft als heterogenen Raum sichtbar werden, der sich zwischen Gegenwart und Vergangenheit, zwischen Fiktion und Realität in der Schwebe hält. Die zum Hitlergruß erhobene Hand, die eher zufällig ins Bild kommt, erhebt sich in einem Herrschaftsraum, den die Nationalsozialisten bereits besetzt haben. Ein Raum, der jedoch immer wieder übergeht in andere Räume und Zeiträume – in einem Bilderbogen, bei dem am Schluss noch einmal Menschen und Dinge aus dem Fiktionsraum des Festspiels in den Blick geraten: eine Kanone, Soldaten und wieder der Planwagen, der mit einem Schwenk hinter einer Hausecke verschwindet. | ||
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+ | Reiner Bader | ||
|Contexte_et_analyse_en=The sky was cloudy and it was raining when the citizen of Philippsburg celebrated the 600th anniversary of their city in August 1938 with a parade. Immediately before the pageant, the festival on the "drummer of Philippsburg" was performed on the market square. The time of the festival, the historical world of the 17th century, as presented by Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen in his novel on the "Adventurous Simplizissimus", should also be the time frame for the parade. The then mayor Oswald Kirchgeßner emphasized in his speech, "That this festival is deliberately simply, according to the time and the heavy history of the city celebrated." The present, in which the anniversary fell, was the National Socialism. The short film about the event does not overlook the flags and flags with the swastikas - and less so are the NS groups marching in the parade. They fall out of the historical past, which should correspond to the outer picture of the pageant. | |Contexte_et_analyse_en=The sky was cloudy and it was raining when the citizen of Philippsburg celebrated the 600th anniversary of their city in August 1938 with a parade. Immediately before the pageant, the festival on the "drummer of Philippsburg" was performed on the market square. The time of the festival, the historical world of the 17th century, as presented by Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen in his novel on the "Adventurous Simplizissimus", should also be the time frame for the parade. The then mayor Oswald Kirchgeßner emphasized in his speech, "That this festival is deliberately simply, according to the time and the heavy history of the city celebrated." The present, in which the anniversary fell, was the National Socialism. The short film about the event does not overlook the flags and flags with the swastikas - and less so are the NS groups marching in the parade. They fall out of the historical past, which should correspond to the outer picture of the pageant. | ||
Version du 26 janvier 2021 à 15:28
Résumé
Description
ZT: In August 1938 there was a festive mood in the city. / The 600th anniversary was a great experience. /
ZT: The pageant showed magnificent pictures and groups.
Parade with horse-drawn carriages, people with cart, children pulling a ship on a carriage, band, view on the street decorated with swastika flags, various decorated horse-drawn carriages, riders, women wearing a fishing net, decorated with nets coach, men with swastika flags, Children draw a cannon.
TC: 10:22:49 Riders get off the horses (dark).
ZT: The urn as a symbol of the earliest history.
Horse-drawn carriage, in the background a house decorated with swastika flags. Drawing of the drummer of Philippsburg.
Contexte et analyse
The sky was cloudy and it was raining when the citizen of Philippsburg celebrated the 600th anniversary of their city in August 1938 with a parade. Immediately before the pageant, the festival on the "drummer of Philippsburg" was performed on the market square. The time of the festival, the historical world of the 17th century, as presented by Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen in his novel on the "Adventurous Simplizissimus", should also be the time frame for the parade. The then mayor Oswald Kirchgeßner emphasized in his speech, "That this festival is deliberately simply, according to the time and the heavy history of the city celebrated." The present, in which the anniversary fell, was the National Socialism. The short film about the event does not overlook the flags and flags with the swastikas - and less so are the NS groups marching in the parade. They fall out of the historical past, which should correspond to the outer picture of the pageant.
Even a parade is a "medium" with which a society presents itself - a city society in this case, which seeks to assure its identity in the present in reference to its history. The pageant becomes a medial form in which social memory manifests itself as a place where the collective memory not only refreshes, but becomes vivid in the 'performance' of a parade, at the same time repeating and changing the image of the urban community. How does a bourgeois urban society process it, if the memory culture breaks down into the presence of a projected National Socialist national community that is ultimately no longer bourgeois?
The first shot of the film irritated. The shot-total keeps the viewers on the sidewalk consistently in view, but the wagons and groups, which defile past front, are repeatedly large or too large in the picture. There's the car with the model of the city fortress, the Red Gate. Girl in white clothes carry a fishing net. The 'Father Rhine' lies half naked in his carriage with the reed grasses. Boys pull a boat with two fishermen. Historic costumes and equipment characterize the 'living pictures' - the need of bygone days should be recalled. Then the Nazi band appears in uniform - the distance to the previous car seems to announce it. The spectators are to some extent on stage at a parade, and even in this setting of the film, they constantly remain in the background: The pageant passes them, passing through the picture - and gathers the disparate and contradictory in the movement, with which the train progresses. The 'medium' of the pageant holds together the separated and opposing in its visual appearance: a city society between memory and the Nazi present, between the rights of the individual and the idea of a national community in which this right threatens to be lost.
The spectators are perseveringly in view, they belong to the staging of the parade, and after a cut you can see them in the foreground in the picture, while the train on the glistening road moves towards the camera. Now the performers from the festival appear in several cuts: the commander Kaspar Bamberger and his captain on horseback, soldiers with iron helmets, a covered wagon with lowly people. The drama about the 'drummer of Philippsburg' becomes a kind of 'script' for the pageant, in which also the farmers and fishermen with their old equipment fit. The fictional story, which is inspired by Grimmelshausen's picaresque novel, shapes the appearance of the procession, which remains open in the interplay of fiction and reality.
The NS groups, who then march past in rank and file and in the half-close, usually with stoic faces in the picture, refer in their demonstrative appearance only on themselves, on the social reality of the present. In the movement of progress, the parade also includes the National Socialists in the contradictory reality that he himself makes possible. The leader of the group raises his hand to the Hitler salute - and in the foreground for a brief second the hand of a spectator can be seen, who returns the greeting. In the fleeting visual event of a flickering hand, the spectacle of Nazi mass productions is hinting at their fascination with the rule of the unity to which the pageant defies.
Philippsburg anno 1938: The private film makes the cultural memory of the urban community visible as a heterogeneous space that holds its balance between the present and the past, between fiction and reality. The hand that rises to the Hitler salute and accidentally gets into the picture, rises in a realm of power that the National Socialists have already occupied. A space that, however, repeatedly merges into other spaces and periods of time - in a picture arc in which people and things from the fictive space of the festival play once more in the eye: a cannon, soldiers and again the covered wagon, with a swing disappears behind a corner of the house.
Reiner BaderLieux ou monuments
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