Europa unsere Zukunft (LFS02288) : Différence entre versions
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|Description_en=Starting from the first European elections in 1979, the most important events relating to a united Europe after the Second World War are presented retrospectively: Foundation of the Montanunion / Foundation of the European Economic Community (reduction of tariffs, increase in trade) / | |Description_en=Starting from the first European elections in 1979, the most important events relating to a united Europe after the Second World War are presented retrospectively: Foundation of the Montanunion / Foundation of the European Economic Community (reduction of tariffs, increase in trade) / | ||
Foundation of Euratom (promotion and use of peaceful atomic energy) / European nuclear research / Enlarged product range, consumer supply / Pollution and environmental protection / Franco-German youth organization / Town twinning / Sport, art and culture in Europe. | Foundation of Euratom (promotion and use of peaceful atomic energy) / European nuclear research / Enlarged product range, consumer supply / Pollution and environmental protection / Franco-German youth organization / Town twinning / Sport, art and culture in Europe. | ||
+ | |Contexte_et_analyse_de=Die ersten Europawahlen im Jahr 1979 sind Grund genug, die Vorteile und Verdienste der europäischen Integration darzustellen – letztlich um eine europäische Identität zu befördern. „Dieser Film entstand im Auftrag der Landesregierung Baden-Württemberg“, informiert eine Schrifttafel. Er zeichnet den Weg der europäischen Annäherung nach von der Montanunion (1951), die Römischen Verträge (1957) und Gründung Euratom (1957) zu einer Europäischen Gemeinschaft. Durch ‚Europafilmen‘ sollten die Bürgerinnen und Bürger mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt Europa gewonnen werden. | ||
+ | Der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Lothar Späth, spricht am Ende des Films davon, dass die großen europäischen Fragen nun von einem Parlament behandelt werden können, das direkt gewählt wurde. Europafilme, das war – ob mit Spielhandlung oder dokumentarisch – der Versuch, im audio-visuellen Medium einen gemeinsamen Erfahrungs- und Identitätsraum in den Blick zu rücken, der mit den Wahlen zum europäischen Parlament neue Konturen gewinnt. Der Film in Farbe, mit Ton und bombastischer Musik in Anlehnung an „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauß arbeitet mit erläuternder Grafik, um die Entwicklung zu verdeutlichen und Fakten zu transportieren. Der Film von Rudolf Woll entwirft ein Europabild, das neue Akzente setzt. | ||
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+ | Das Thema der europäischen Einigung verband sich von Anfang an mit der Frage nach der geeigneten Kommunikationsstrategie. Der Film konnte dabei das richtige Medium sein, denn er informierte ein breites Publikum und transportierte die Idee von Europa emotional. Sein Text stammt vom Europaexperten Prof. Claus Schöndube, einem Europäer der ersten Stunde, der sich als Korrespondent und Autor wie auch in Parteiämtern um den Einigungsprozess verdient gemacht hatte. Er erzählt eine neue, kurze Geschichte der europäischen Integration, illustriert mit einem attraktiven Bildmaterial, in dem die Mobilität dominiert – die Bewegungsströme in einem vereinten Europa, das von einer neuen Freiheit und Gemeinsamkeit bestimmt ist. | ||
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+ | Autos, Schiffe, Flugzeuge: Der Traum von der Einheit hat Ende der 1970er Jahre eine konkrete Gestalt angenommen. Die alten Trennungen, die in nationalem Egoismus und den Weltkriegen gipfelten, sind einem freien Zirkulieren von Waren und Personen gewichen. An die Stelle des Nebeneinanders ist das Miteinander einer Integration getreten, die sich im Wirtschafts- und Kapitalverkehr mit konsequentem Fortschritt vollzieht. Es ist weniger – wie in den frühen Europafilmen – der Rückgriff auf die kulturelle Einheit des alten Europa, als die Logik dieses Fortschritts, die dem neuen Europa ein Gesicht gibt. Die friedliche Nutzung der Atomenergie wird als Lösung der Energiefrage gesehen mit der Arbeit des Kernforschungszentrums Karlsruhe. Der Umweltverschmutzung im Rhein wird durch transnationale Politik entgegengetreten. Ein gemeinsamer Markt für 260 Millionen Menschen lässt auch die Deutschen vor allem als Konsumenten profitieren von einem „Europa in der Einkaufstasche“, in dem es ausländische Produkte zu Inlandspreisen gibt. Eine Grafik zeigt, dass ein Arbeiter für verschiedene Produkte wesentlich kürzer arbeiten muss. Jeder profitiert. Die Entwicklung und Erweiterung der wirtschaftlichen Gemeinschaft schafft einen Erfahrungsraum, der das Kulturelle mehr und mehr einschließt. Schöndubes Europabild erhält seine Legitimation im Zukunftspotential dieses Prozesses – auf den Punkt gebracht in recht typischer Weise mit einer zentralen Botschaft am Schluss des Films: „Das neue Europa ist unsere Zukunft“. | ||
+ | Zunächst bleibt jedoch der Gegensatz zur Vergangenheit zu veranschaulichen. Die nahe Vergangenheit, das ist der Zweite Weltkrieg mit Zerstörung und Konzentrationslagern. In einer inszenierten Sequenz, in der sich eine Schulklasse einen Film über diesen Krieg ansieht, tauchen Bilder von Konzentrationslagern auf – bemerkenswert deshalb, weil frühe Europafilme den Holocaust aussparten. Es passte nicht in das Bild eines Europa, das nach einer Zeit der nationalen Egoismen im Prozess der Integration dabei ist, zu einer Einheit zu finden, die es kulturell bereits seit der Antike gibt. Der Publizist Eugen Kogon, der selbst im Konzentrationslager war, figuriert mit seiner Stellungnahme als Kronzeuge für ein anderes Europa, das aus Trümmern hervorging und eine föderale Struktur haben sollte. | ||
+ | Die Institutionen der europäischen Föderation – die Kommission, der Ministerrat, das Parlament wie der Gerichtshof – stehen für mehr als wirtschaftliche Zusammenarbeit: für eine „grenzüberschreitende Kommunikation“, als deren Pionier der Ehrenbürgermeister von Colmar, Joseph Rey auf deutsch interviewt wird. Erzählt wird eine Kurzgeschichte Europas, das gemäß den Prinzipien der freien Marktwirtschaft kooperiert – um jedoch in einer Art Dialektik darüber hinaus zu wachsen. Es ist dieser Fortschritt, der der Geschichte ihren Sinn gibt: In der Sphäre der Kultur- wie bei Städtepartnerschaften und im Jugend- und Kulturaustausch – steht der Mensch im Mittelpunkt. | ||
+ | Dem damaligen baden-württembergischen Minister für Bundesangelegenheiten, Eduard Adorno, kommt die Aufgabe zu, die Defizite der Einigung wie der Überproduktion durch die Agrarpolitik zu erläutern. Diese Probleme jedoch, so suggeriert die Rhetorik des Films, lassen sich – auch auf der administrativen Ebene – beheben im Prozess eines kontinuierlichen Fortschritts, dessen Vernunft ein postnationales Europa hervorbringt. Eingeholt von der Realität wurde diese westeuropäische Utopie bereits zehn Jahre später, im Revolutionsjahr 1989. Europa musste sich Osteuropa öffnen. | ||
+ | Reiner Bader | ||
|Bibliographie=SCHÖNDUBE, CARL, Grundsatzfragen der europäischen Integration - Ideen - Wege - Resultate, Warnicke Verlag, Hanglar 1968; SCHÖNDUBE, CARL, Europa Taschenbuch, Europa Union Verlag, Bonn 1980 | |Bibliographie=SCHÖNDUBE, CARL, Grundsatzfragen der europäischen Integration - Ideen - Wege - Resultate, Warnicke Verlag, Hanglar 1968; SCHÖNDUBE, CARL, Europa Taschenbuch, Europa Union Verlag, Bonn 1980 | ||
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Version du 16 avril 2020 à 11:16
Résumé
Description
Starting from the first European elections in 1979, the most important events relating to a united Europe after the Second World War are presented retrospectively: Foundation of the Montanunion / Foundation of the European Economic Community (reduction of tariffs, increase in trade) /
Foundation of Euratom (promotion and use of peaceful atomic energy) / European nuclear research / Enlarged product range, consumer supply / Pollution and environmental protection / Franco-German youth organization / Town twinning / Sport, art and culture in Europe.
Contexte et analyse
Die ersten Europawahlen im Jahr 1979 sind Grund genug, die Vorteile und Verdienste der europäischen Integration darzustellen – letztlich um eine europäische Identität zu befördern. „Dieser Film entstand im Auftrag der Landesregierung Baden-Württemberg“, informiert eine Schrifttafel. Er zeichnet den Weg der europäischen Annäherung nach von der Montanunion (1951), die Römischen Verträge (1957) und Gründung Euratom (1957) zu einer Europäischen Gemeinschaft. Durch ‚Europafilmen‘ sollten die Bürgerinnen und Bürger mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt Europa gewonnen werden.
Der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Lothar Späth, spricht am Ende des Films davon, dass die großen europäischen Fragen nun von einem Parlament behandelt werden können, das direkt gewählt wurde. Europafilme, das war – ob mit Spielhandlung oder dokumentarisch – der Versuch, im audio-visuellen Medium einen gemeinsamen Erfahrungs- und Identitätsraum in den Blick zu rücken, der mit den Wahlen zum europäischen Parlament neue Konturen gewinnt. Der Film in Farbe, mit Ton und bombastischer Musik in Anlehnung an „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauß arbeitet mit erläuternder Grafik, um die Entwicklung zu verdeutlichen und Fakten zu transportieren. Der Film von Rudolf Woll entwirft ein Europabild, das neue Akzente setzt.
Das Thema der europäischen Einigung verband sich von Anfang an mit der Frage nach der geeigneten Kommunikationsstrategie. Der Film konnte dabei das richtige Medium sein, denn er informierte ein breites Publikum und transportierte die Idee von Europa emotional. Sein Text stammt vom Europaexperten Prof. Claus Schöndube, einem Europäer der ersten Stunde, der sich als Korrespondent und Autor wie auch in Parteiämtern um den Einigungsprozess verdient gemacht hatte. Er erzählt eine neue, kurze Geschichte der europäischen Integration, illustriert mit einem attraktiven Bildmaterial, in dem die Mobilität dominiert – die Bewegungsströme in einem vereinten Europa, das von einer neuen Freiheit und Gemeinsamkeit bestimmt ist.
Autos, Schiffe, Flugzeuge: Der Traum von der Einheit hat Ende der 1970er Jahre eine konkrete Gestalt angenommen. Die alten Trennungen, die in nationalem Egoismus und den Weltkriegen gipfelten, sind einem freien Zirkulieren von Waren und Personen gewichen. An die Stelle des Nebeneinanders ist das Miteinander einer Integration getreten, die sich im Wirtschafts- und Kapitalverkehr mit konsequentem Fortschritt vollzieht. Es ist weniger – wie in den frühen Europafilmen – der Rückgriff auf die kulturelle Einheit des alten Europa, als die Logik dieses Fortschritts, die dem neuen Europa ein Gesicht gibt. Die friedliche Nutzung der Atomenergie wird als Lösung der Energiefrage gesehen mit der Arbeit des Kernforschungszentrums Karlsruhe. Der Umweltverschmutzung im Rhein wird durch transnationale Politik entgegengetreten. Ein gemeinsamer Markt für 260 Millionen Menschen lässt auch die Deutschen vor allem als Konsumenten profitieren von einem „Europa in der Einkaufstasche“, in dem es ausländische Produkte zu Inlandspreisen gibt. Eine Grafik zeigt, dass ein Arbeiter für verschiedene Produkte wesentlich kürzer arbeiten muss. Jeder profitiert. Die Entwicklung und Erweiterung der wirtschaftlichen Gemeinschaft schafft einen Erfahrungsraum, der das Kulturelle mehr und mehr einschließt. Schöndubes Europabild erhält seine Legitimation im Zukunftspotential dieses Prozesses – auf den Punkt gebracht in recht typischer Weise mit einer zentralen Botschaft am Schluss des Films: „Das neue Europa ist unsere Zukunft“. Zunächst bleibt jedoch der Gegensatz zur Vergangenheit zu veranschaulichen. Die nahe Vergangenheit, das ist der Zweite Weltkrieg mit Zerstörung und Konzentrationslagern. In einer inszenierten Sequenz, in der sich eine Schulklasse einen Film über diesen Krieg ansieht, tauchen Bilder von Konzentrationslagern auf – bemerkenswert deshalb, weil frühe Europafilme den Holocaust aussparten. Es passte nicht in das Bild eines Europa, das nach einer Zeit der nationalen Egoismen im Prozess der Integration dabei ist, zu einer Einheit zu finden, die es kulturell bereits seit der Antike gibt. Der Publizist Eugen Kogon, der selbst im Konzentrationslager war, figuriert mit seiner Stellungnahme als Kronzeuge für ein anderes Europa, das aus Trümmern hervorging und eine föderale Struktur haben sollte. Die Institutionen der europäischen Föderation – die Kommission, der Ministerrat, das Parlament wie der Gerichtshof – stehen für mehr als wirtschaftliche Zusammenarbeit: für eine „grenzüberschreitende Kommunikation“, als deren Pionier der Ehrenbürgermeister von Colmar, Joseph Rey auf deutsch interviewt wird. Erzählt wird eine Kurzgeschichte Europas, das gemäß den Prinzipien der freien Marktwirtschaft kooperiert – um jedoch in einer Art Dialektik darüber hinaus zu wachsen. Es ist dieser Fortschritt, der der Geschichte ihren Sinn gibt: In der Sphäre der Kultur- wie bei Städtepartnerschaften und im Jugend- und Kulturaustausch – steht der Mensch im Mittelpunkt. Dem damaligen baden-württembergischen Minister für Bundesangelegenheiten, Eduard Adorno, kommt die Aufgabe zu, die Defizite der Einigung wie der Überproduktion durch die Agrarpolitik zu erläutern. Diese Probleme jedoch, so suggeriert die Rhetorik des Films, lassen sich – auch auf der administrativen Ebene – beheben im Prozess eines kontinuierlichen Fortschritts, dessen Vernunft ein postnationales Europa hervorbringt. Eingeholt von der Realität wurde diese westeuropäische Utopie bereits zehn Jahre später, im Revolutionsjahr 1989. Europa musste sich Osteuropa öffnen.
Reiner BaderPersonnages identifiés
Bibliographie
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