Grosser Umzug
Contexte et analyse
Im Jahr 1970 feiert die Stadt Freiburg ihre 850 Jahre zurückliegende Gründung mit einem Stadtjubiläum. Neben anderen Filmemachern hält Helmut Eckert in seinem Amateurfilm „850 Jahre Freiburg“ die Ereignisse und Feierlichkeiten rund um das Jubiläum fest. Die Aufnahmen sind in Farbe, im Filmformat 16mm und vertont. Teilweise wird ein Stativ eingesetzt, um die Aufnahmen nicht zu verwackeln. Das mediale Interesse an dem Umzug ist groß, wie zahlreiche Fotografen und Filmemacher unterstreichen.
Dieser Ausschnitt aus dem Jubiläumsfilm nimmt den Großen Umzug der alemannischen Trachtenvereinigungen und der Badisch-Hessischen Bürgerwehren in den Fokus, der am 7. Juni 1970 ab 14.30 Uhr stattfand. Eckert nimmt keinen Originalton auf, sondern legt nachträglich Blas- bzw. Marschmusik über die Szenen und kommentiert die Ereignisse – eine damals übliche, wenn auch aufwändige Gestaltungsmöglichkeit. Die meisten Amateurfilme verzichten deshalb auf Ton. Eckert versucht die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven möglichst komplett zu zeigen. Vor dem Beginn des Umzugs schwenkt Eckert über die Ehrentribüne und beginnt bei zwei hochrangigen französischen Militärs in Uniform. Sie gehören zur Forces Françaises en Allemagne (FFA) und sind an der Liegenschaft Base Aérienne 253, dem Flugplatz Freiburg stationiert.Das Wetter ist an diesem Sonntag bedeckt, aber es ist um die 20° Grad warm. Eckert berichtet parallel zur Musik, dass an dem Umzug 3.500 Aktive teilnehmen und insgesamt zwanzig Spielleute-, Fanfaren- und Musikzüge. Der Freiburger Oberbürgermeister Dr. Eugen Keidel begrüßt Ehrengäste vor dem Colombi Hotel, wo die Tribüne mit den Ehrengästen aufgebaut ist; seine Ehefrau Claire nimmt neben ihm Platz. Abordnungen der Bürgerwehren grüßen die Ehrengäste.
Dr. Eugen Keidel war SPD-Parteimitglied und von 1962 bis zu seinem Ruhestand 1982 zwanzig Jahre im Amt, er hat Freiburg dadurch geprägt. Zu den bedeutendsten Maßnahmen zählt die Ausdehnung Freiburgs durch den Bau weiterer Stadtteile und der Eingemeindung mehrerer Ortschaften sowie die Errichtung des Eugen-Keidel-Bads und einer Fußgängerzone als eine der ersten des Landes. Sein Motto war: „Freiburg modern gestalten und liebenswert erhalten“. Der Blick auf die Menge zeigt, dass die Gäste rot- weiße Anstecker anlässlich des Jubiläums tragen, was sozusagen die Eintrittskarte für die Festwoche war. Jugendliche verteilen rot-weiße Jubiläums-Fähnchen zum Schwenken an die Schaulustigen am Straßenrand. Im Hintergrund wehen große rotweiße Fahnen. Die Farbgebung orientiert sich am Stadtwappen, das seit dem frühen 16. Jahrhundert ein rotes Kreuz auf weißem Grund zeigt. Eckert ist mitten im Geschehen und wählt für den Film Einstellungen zwischen Totale und Nahaufnahme. Bei den zum Teil auch berittenen Bürgerwehren handelt es sich um bewaffnete Bürgerinnen und Bürger eines Orts, die sich traditionell zusammenschlossen, um ihren Ort gegen Angriffe zu schützen. Die entsprechenden Vereine gibt es bis heute, allerdings haben sie nicht mehr die Schutzfunktion und kämpfen mit schwindenden Mitgliederzahlen. Der Landesverband der Bürgerwehren und Milizen Baden-Südhessen nimmt zahlreich teil, darunter hoch dekorierte ranghohe Veteranen. Darüber hinaus sind die hierarchischen Strukturen innerhalb des Zugs klar erkennbar. Historische Bürgerwehren und Milizen Baden-Südhessen, die unterschiedliche Uniformen tragen, gibt es neben Freiburg und Karlsruhe in rund zwanzig Orten.
Zum Zeitpunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten erlebt das Tragen von Trachten einen neuen Aufschwung. Der von einigen Vereinen getragene Bollenhut, der eigentlich einem bestimmten Tal im Schwarzwald vorbehalten war, ist bis heute ein wichtiger Bestandteil im Marketing für den Schwarzwald. Neben den Bürgerwehren laufen Kostüm- und Trachtengruppen beim Umzug mit. Aus dem Elsass ist die Groupe Folklorique des Vosges et des Myrtilles-Saint-Dié-Corcieux vertreten. Die Gruppen zeigen Tänze, schwingen Fahnen und spielen Volksmusik. Der Vierspänner einer Brauerei darf auch nicht fehlen. Eckert wechselt seinen Standort vom Colombi Hotel zum Schwabentor und zum Bertoldsbrunnen. Zuletzt befindet er sich am Rathausplatz und filmt das Glockenspiel an der Spitze des Neuen Rathauses inklusive der originalen Tonaufnahme sowie die Außenfassade des Alten Rathauses.
Bereits 1965 erfolgte in einer Dezernentenbesprechung der Beschluss, das Stadtjubiläum zu feiern und ein Festkomitee wurde gegründet. In dem Protokoll eines Vorbereitungstreffens vom 7.6.1969 plant die Stadt Mittel in Höhe von 20.000 DM ein. Die Bürgerwehr Freiburg erhält 12.000 DM für die Durchführung des Landestreffens der Bürgerwehren. Vor dem Jubiläum erschien im Freiburger Wochenbericht eine „Kleine Jubiläumschronik“ mit der Stadtgeschichte. Freiburg wurde 1120 von Herzog Konrad gegründet. 1146 wird erstmals eine Kirche an Stelle des späteren Münsters erwähnt, welches von 1200 bis 1513 erbaut wird. Schon 1326 gibt es erste eigene Freiburger Münzen, die sogenannten Rappenpfennige. Zum Stadtjubiläum 1970 erscheinen neben einer Münze auch Briefmarken der Bundespost. Sie haben eine Auflage von 30 Millionen Stück. Die Bevölkerungszahl schwankte stark, maßgeblich aufgrund von Pest und Krieg. 1934 erreichte Freiburg erstmals über 100.000 Einwohner. Zum 850-jährigen Jubiläum 1970 lebten etwa 170.000 Menschen in Freiburg, inzwischen sind es über 230.000.
Samantha GramlichLieux ou monuments
Bibliographie
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