Fasnachstumzug (LFS00246)


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Événements filmés ou en lien


Fasnachtsumzug Lahr

Métadonnées

N° support :  LFS00246
Date :  1939
Coloration :  Noir et blanc
Son :  Muet
Durée :  00:06:43
Format original :  16 mm
Genre :  Documentaire
Thématiques :  Carnaval
Institution d'origine :  Haus des Dokumentarfilms

Contexte et analyse


Die Fasnacht in Lahr hat eine Tradition, die ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Da der Ort überwiegend evangelisch ist, war die Fasnacht am Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch verboten. Erst in den 1930er Jahren die ‚Lahrer Fasentzunft‘ gegründet und gestaltete als Symbolfigur das Grusilochzottli. Sie gehörte zum Verband Oberrheinischer Narrenzünfte, der seit dem 7. März 1937 in Freiburg bestand.1937 gab es einen Umzug in Lahr, der filmisch dokumentiert wurde („Sport und Fasnacht“). Die Aufnahmen des Umzugs am Sonntag, 19. Februar 1939 entstanden an verschiedenen Orten. Die beteiligten Gruppen und Wagen werden wiederholt gezeigt. Auf den ersten Blick gibt sich der Umzug bei regnerischem und windigem Wetter international. Gleich das erste Bild zeigt eine Musikgruppe, mit schwarzen Sturmmützen als schwarze Musiker verkleidet, eine Akkordeongruppe als Spanier. Im Zug zu sehen ist ein Elefant aus Stoff, begleitet von einem Mann mit Turban. In einer Einstellung ist zu erkennen, dass auf dem Elefanten eine Frau thront. Es soll sich wohl um Königin Victoria von England (1819-1901) handeln, die den Titel der ‚Kaiserin von Indien‘ führte. Jugendliche laufen als Cowboys und Indianer. Eine Gruppe Blau-Weiß hat sich mit riesigen Kindsköpfen verkleidet. Neben einer Gruppe ‚Grusilochzottli‘, der Symbolfigur der Zunft, marschiert die Bürgermiliz Lahr mit, schon 1831 gegründet und der Fasnacht eng verbunden. Eine Gruppe junger Damen mit Fahnen in glänzenden Uniformen gehören wohl zur Fasentzunft, denn sie sind auch auf dem Wagen des Elferrats unter Leitung des Zunftmeisters Fritz Holweg vertreten. Die Stadtverwaltung Lahr präsentiert sich mit einem Motivwagen „Pflegt altes Brauchtum“, andere Motivwagen handeln von öffentlichen Toiletten am Storchenturm oder vom Orientexpress mit Speise- und Schlafwagen. Am Ende des Films verteilen die Honoratioren Brötchen und Würstchen an die Kinder. Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass dieser Umzug keineswegs nur das übliche Vergnügen bietet. Es gibt zwei Wagen, die mit ihrer politischen Botschaft eindeutig anti-semitisch sind. Ein Mann mit schwarzem Gesicht und schwarzen Händen trägt ein Schild, das er hin und her dreht. Auf der Vorderseite steht "Neger König Roosevelt“, auf der Rückseite „liebt die Juden aus der ganzen Welt". An dem Wagen selbst sind zwei Karikaturen von Juden aufgemalt. Beim linken Kopf steht "Das auserwählte Volk", beim rechten LaGuardia, der damalige Oberbürgermeister von New York. Er beschuldigte das NS-Regime bei einer Rede vor der Frauenorganisation des Jüdischen Kongresses in den USA schon 1937, „den Weltfrieden zu zerstören“ (Frankfurter Zeitung, 5.3.1937) und wurde deshalb zur Hassfigur in der deutschen Presse. Der Republikaner wurde als Kommunist, Jude und Feind Deutschlands diffamiert. Der als Flugzeug gestaltete Wagen nimmt Bezug zum Spanischen Bürgerkrieg. Die Lahrer Zeitung kommentiert: „Das politische Gaukel-Dreigestirn Stalin – Roosevelt – Negrin – das nur zu Spaniens Wohl Bomben und Granaten schicken, und als Friedensengel holde Weisen singen können wie ‚leise flehen meine Lieder – Abessinien kehrt nie wieder‘ – ja, ja die Gruppe fand vollstes Verständnis“ (LZ, 20.2.1939). Es ist der Versuch der NS-Propaganda, die eigenen Bombenangriffe z.B. auf Guernica anderen in die Schuhe zu schieben; die USA waren im Spanischen Bürgerkrieg überhaupt nicht beteiligt.

Bei dem anderen Motiv handelt es sich um ein Haus, auf dem vorne unter einem Pentagramm der Satz "Welle 349,5 Sender Radio Strasbourg" und unten der leider nicht ganz lesbare Spruch "Lügen ist...." stehen. Dieser Motivwagen spielt auf den Sender Strasbourg an, der ab 1932 ein zweisprachiges Programm sendete. Für die Lahrer Zeitung war dies Motiv ein Beleg, das Lahr zum Grenzgebiet gehöre. In Baden wurden Rundfunkhändler offiziell verwarnt, die vom Kauf des Volksempfängers abgeraten hatten, weil damit nur deutsche Sender empfangbar waren. Vielleicht hat der Strasbourger Sender kritisch über die Pogrome und Zerstörungen von Synagogen am 9. November 1938 berichtet, was die Nazis als Lüge bezeichneten, wie dies auch heute einige Politiker wieder praktizieren. Das Pogrom war ein deutliches Signal für die zunehmende Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung, bevor ein Jahr später die Deportationen begannen. Gezogen wird der Wagen von einer Gruppe in schwarzen Mänteln und Hüten und Masken mit langen Nasen, die an Karikaturen von Juden oder Pestdoktoren aus dem Mittelalter erinnern. Judenfeindliche Beiträge auf Fasnachtsumzügen sind für die Orte Goldscheuer und 1938 für Nußbach fotografisch belegt. Dort wurde dies jedoch von einem Teil der Dorfbewohner missbilligt. Ein Nussbacher protestierte sogar gegen eine solche Behandlung der Juden bei Julius Streicher. Diese Zivilcourage wurde später bestraft, der mutige Bürger starb im KZ Dachau.

Ein weiterer Wagen präsentiert ein Schiff mit dem Schild „1. Kolonialflotte startbereit“ und erinnert an die kolonialen Träume der Deutschen, die nach dem Ersten Weltkrieg ausgeträumt waren. Auf einem Kübel steht Kamerun, eine ehemalige deutsche Kolonie, und hinten steht auf dem Schiff „Heimathafen Lahr“. Die Zeitung kommentierte dies als Glanzleistung, vor allem die abgeschossenen Torpedos: „Wir brauchen Kolonien!, eine gut durchdachte Verkörperung unseres zu engen Lebensraums“ “ (LZ, 20.2.1939). Die drei Wagen sind eine eindeutige Demonstration, wie weit die NS-Politik die Fasnacht für sich bereits vereinnahmt hatte. Kay Hoffmann

Lieux ou monuments


Lahr

Bibliographie


HAMELMANN, BERTHOLD, Helau und Heil Hitler, Edition Isele, Eggingen 1989; Lahrer Narrenzunft: https://www.lahrer-narrenzunft.de/ (abgerufen 20.4.2020); N.N., La Guerdia und die Auslandsdeutschen, Kölnische Zeitung, 9.8.1935; N.N., 1000 Lahrer auf närrischer Fahrt, in: Lahrer Zeitung, 20.2.1939; N.N., Mister La Guardia, Frankfurter Zeitung, 5.3.1937; N.N:, 75 Jahre Volksempfänger. Wie Adolf Hitler in jedes Wohnzimmer drang, Welt, 18.8.2008; STUDE, JÜRGEN; ROTTENECKER, BERND; PETRI, DIETER, Jüdisches Leben in der Ortenau, seitenweise, Bühl 2018



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