Eine Bootsfahrt auf der Dreisam von Freiburg bis zum Rhein (LFS02306) : Différence entre versions

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In der Frühzeit des Kinos gab es neben Berlin und München auch einige Filmproduktionen im Freiburger Raum. So war der gebürtige Kaiserstühler Robert Isidor Schwabthaler (1876-1934) an der international tätigen Firma Raleigh & Robert beteiligt, die sich auf Reisefilme konzentrierten und Beziehungen nach Freiburg unterhielten. Das erste Kino in Freiburg, der Welt-Kinematograph, zeigte im Dezember 1906 die R&R-Produktion "Die Zerstörung von Valparaiso". Der Zentral- Kinematograph, das damals größte Kino der Stadt, zeigte bei seiner Eröffnung 1908 die R&R-Produktion "Schwefelindustrie in Sizilien". R&R ließ auch einige Sujets im Dreiländereck drehen und verkaufte sie international. Dazu gehören 1908 z.B. die Produktionen "Eidgenössisches Schwing- und Alplerfest in Neuchatel", "Seine Majestät der deutsche Kaiser in Elsass-Lothringen" oder "Sonnenbäder in Freiburg, Breisgau".   
 
In der Frühzeit des Kinos gab es neben Berlin und München auch einige Filmproduktionen im Freiburger Raum. So war der gebürtige Kaiserstühler Robert Isidor Schwabthaler (1876-1934) an der international tätigen Firma Raleigh & Robert beteiligt, die sich auf Reisefilme konzentrierten und Beziehungen nach Freiburg unterhielten. Das erste Kino in Freiburg, der Welt-Kinematograph, zeigte im Dezember 1906 die R&R-Produktion "Die Zerstörung von Valparaiso". Der Zentral- Kinematograph, das damals größte Kino der Stadt, zeigte bei seiner Eröffnung 1908 die R&R-Produktion "Schwefelindustrie in Sizilien". R&R ließ auch einige Sujets im Dreiländereck drehen und verkaufte sie international. Dazu gehören 1908 z.B. die Produktionen "Eidgenössisches Schwing- und Alplerfest in Neuchatel", "Seine Majestät der deutsche Kaiser in Elsass-Lothringen" oder "Sonnenbäder in Freiburg, Breisgau".   
In Freiburg gründeten 1906 vier Kaufleute den kinematographischen Betrieb Kosmograph, der bald in Welt-Kinematograph umbenannt wurde. Zunächst bauten sie eine Kinokette auf (Köln, München, Düsseldorf, Nürnberg, Saarbrücken, Stuttgart, Augsburg, Karlsruhe und Basel) und erweiterten ihren Geschäftsbereich 1908 um kinematographische Straßenreklamen und die Produktion von nicht-fiktionalen Filmen und Filmgeräten. Ziel war es, Filme von Welt, aus der ganzen Welt und über die ganze Welt zu zeigen. Doch zunächst nahmen die Operateure des Welt-Kinematograph lokale und regionale Sujets auf wie "Felsenkletterei im Schwarzwald" (1908). In diesem Zusammenhang entstand auch der Film zur Bootsfahrt auf der Dreisam. Die Produktionsfirma von Welt-Kinematograph hatte seine Geschäftsräume zunächst in der Kaiserstr. 68 in Freiburg, wo auch das Kino lag; 1911 erfolgte der Umzug in die Zähringerstr. 17. Vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Firma zum größten deutschen Anbieter für Reise-, Natur-, und Industriefilmen sowie Völkerstudien und Lehrfilmen. Sie produzierten in den nächsten Jahren weiterhin solche Filme, doch die Firma wurde 1923/1924 liquidiert.
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In Freiburg gründeten 1906 vier Kaufleute den kinematographischen Betrieb Kosmograph, der bald in Welt-Kinematograph umbenannt wurde. Zunächst bauten sie eine Kinokette auf (Köln, München, Düsseldorf, Nürnberg, Saarbrücken, Stuttgart, Augsburg, Karlsruhe und Basel) und erweiterten ihren Geschäftsbereich 1908 um kinematographische Straßenreklamen und die Produktion von nicht-fiktionalen Filmen und Filmgeräten. Ziel war es, Filme von Welt, aus der ganzen Welt und über die ganze Welt zu zeigen. Doch zunächst nahmen die Operateure des Welt-Kinematograph lokale und regionale Sujets auf wie "Felsenkletterei im Schwarzwald" (1908). In diesem Zusammenhang entstand auch der Film zur Bootsfahrt auf der Dreisam. Die Produktionsfirma von Welt-Kinematograph hatte seine Geschäftsräume zunächst in der Kaiserstr. 68 in Freiburg (heute Kaiser-Joseph-Strasse), also dieselbe Adresse wir das gleichnamige Kino; 1911 erfolgte der Umzug in die Zähringerstr. 17. Vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Firma zum größten deutschen Anbieter für Reise-, Natur-, und Industriefilmen sowie Völkerstudien und Lehrfilmen; von 1908 bis 1911 konnten 280 Filme nachgewiesen werden. Sie produzierten in den nächsten Jahren solche Filme weiter, doch der Erste Weltkrieg erschwerte das Geschäft. Die Firma wurde 1923/1924 liquidiert.
Bernhard Gotthard, einer der Gründer des Welt-Kinematograph, schied am 29.3.1909 aus und gründete 1910 das Konkurrenzunternehmen Expreß-Film Co. Neben der Produktion von Filmen startete die Firma Ende 1911 mit "Der Tag im Film" die erste deutsche aktuelle Berichterstattung im Kino und baute ein großes Korrespondentennetz auf. Sie waren Pioniere des Aktualitätenkinos, das sich zu Wochenschauen entwickeln sollte. Die Kinobetreiber konnten sich aus einem wöchentlich neuen Angebot einzelne Sujets individuell zusammenstellen. In dieser Firma startete der bekannte Kameramann Sepp Allgeier (1896-1968) mit 16 Jahren seine Karriere. Die Firma drehte auch erste Hochgebirgsfilme wie "4628 Meter hoch auf Skiern. Besteigung des Monte Rosa" (1913), an dessen Dreharbeiten u.a. Arnold Fanck beteiligt war, der in den 1920er Jahren für seine Bergfilme berühmt werden sollte. Die Freiburger Produktionsfirmen haben also wichtige Impulse für die deutsche Filmgeschichte geliefert.
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Bernhard Gotthard, einer der Gründer des Welt-Kinematograph, schied am 29.3.1909 aus und gründete 1910 das Konkurrenzunternehmen Expreß-Film Co. Neben der Produktion von Filmen startete die Firma Ende 1911 mit "Der Tag im Film" die erste deutsche aktuelle Berichterstattung im Kino und baute ein großes Korrespondentennetz auf. Sie waren Pioniere des Aktualitätenkinos, das sich zu Wochenschauen entwickeln sollte. Die Kinobetreiber konnten sich aus einem wöchentlich neuen Angebot einzelne Sujets individuell zusammenstellen. In dieser Firma startete der bekannte Kameramann Sepp Allgeier (1896-1968) mit 16 Jahren seine Karriere. Die Firma drehte auch erste Hochgebirgsfilme wie "4628 Meter hoch auf Skiern. Besteigung des Monte Rosa" (1913), an dessen Dreharbeiten u.a. Arnold Fanck beteiligt war, der in den 1920er Jahren für seine Bergfilme berühmt werden sollte. Sehr erfolgreich und einer der ersten langen Dokumentarfilme war 1913 "Mit der Kamera in die Schlachtfront" über den Krieg zwischen Griechenland und Bulgarien im Auftrag des griechischen Königs oder ihr Film "Winterschlacht in den Vogesen". Die Freiburger Produktionsfirmen haben also wichtige Impulse für die deutsche Filmgeschichte geliefert.
|Bibliographie=Lange, Jörg: Die Dreisam – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Lavori Verlag, ISBN 978-3-935737-54-8.
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|Bibliographie=DITTRICH Wolfgang, Fakten und Fragmente zur Freiburger Filmproduktionsgeschichte 1901-1908, http://www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/Dittrich-Film.htm
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LANGE Jörg, Die Dreisam – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Lavori Verlag, Freiburg, 2007 (ISBN 978-3-935737-54-8)
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SCHÄFER Jutta, "An die Spitze vorgerückt..." Frühe Filmproduktion in  Freiburg. In: HAUS DES DOKUMENTARFILMS (Hg.), 100 Jahre Filmland Baden-Württemberg, Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart, 2008
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ZIMMERMANN Frank, In Schlachten und auf Gipfel. Die Express-Films war einst eine der führenden Filmfirmen, Badische Zeitung, 30.7.2014 (https://www.badische-zeitung.de/freiburg/in-schlachten-und-auf-gipfel--88130303.html)
 
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Version du 28 novembre 2018 à 10:52

Résumé


"Eine Bootsfahrt auf der Dreisam von Freiburg bis zum Rhein" ist einer der ältesten Filme, die aus Baden überliefert sind. Produziert wurde der Film von der Freiburger Firma Welt-Kinematograph.

Description


ZT: Start an der Eisenbahnbrücke in Freiburg i.B. / Gruppe von Männern lässt einen Nachen in die Dreisam / Flagge mit Greiffkopf wird am Boot befestigt / Boot legt ab / drei Männer und zwei Ruderer im Boot / im Hintergrund Wiesen / Brücke mit Automobil / Boot fährt über Wassertreppe ZT: Der Empfang in Hugstetten / Brücke, Automobil, Menschen auf der Brücke, am Ufer winkend TC 10:03:07: ZT: Begrüßung durch den Bürgermeister-Bezirksrat in Neuershausen / Brücke, das Boot legt an, Männer gehen an Land / Begrüßung auf der Uferwiese, Gruppenbild mit Kindern, Hüte und Hände in die Luft, Mann wirft seine Angel ins Wasser / Ein Mann steigt zu / Abfahrt, winken im Boot und am Ufer / ZT: Im Leopoldskanal bei Riegel a.K. / Bootsführer steuert das Boot durch Kanal / Brücke mit Pferdewagen und Heuwagen, Menschen winken ZT: Die schwierigste Arbeit / Bootsfahrer machen eine Pause am Ufer, es wird getrunken und Brot gegessen, im Hintergrund eine Brücke / Boot durch eine Stromschnelle ZT: Am Rhein / Boot gelangt an eine Flussgabelung und in den Rhein

Métadonnées

N° support :  LFS02306
Date :  1909
Coloration :  Noir et blanc
Son :  Muet
Durée :  00:07:00
Format original :  35 mm
Genre :  Documentaire
Thématiques :  Activités de plein-air, Paysages naturels et transformés
Institution d'origine :  Haus des Dokumentarfilms

Contexte et analyse


Es handelt sich hier um eine der ältesten Filme aus Baden, der überliefert ist. Produziert wurde der Film von der Freiburger Produktionsfirma Welt-Kinematograph. Es wird deutlich, dass die Aufnahme arrangiert wurde. Anders lassen sich die jubelnden Gruppen am Ufer nicht erklären. Der Kameramann begleitete die Bootsfahrt mit dem Auto, das mehrmals im Bild zu sehen ist. Er dreht das Boot immer vom Ufer oder von Brücken und fährt nie selbst mit. Die vielen Auto- und Eisenbahnbrücken über die Dreisam machen deutlich, dass es sich um eine verkehrsmäßig sehr gut erschlossene Region handelt.

Der Fluss Dreisam

Die Dreisam hat eine Länge von 29,7 km und entspringt im Schwarzwald. Sie führt an Freiburg vorbei und mündet bei Riegel in die Elz und über den Leopoldskanal schließlich in den Rhein. Dieser Kanal wurde 1843 eingeweiht, um die dort üblichen Überschwemmungen zu vermeiden, die für große Schäden, Hungersnöte und Seuchen sorgten: 1846 wurde der Kanal nach Großherzog Leopold benannt. Die Kosten des Baues des Kanals wurden auf 385.000 Gulden geschätzt, doch am Ende kostete er 693.000 Gulden. Durch diesen Kanal konnten in der Tat die sonst üblichen Überschwemmungen verhindert werden. Die Dreisam wurde von 1817 bis 1842 unter der Leitung Johann Gottfried Tullas auf ihrer gesamten Länge von Kirchzarten bis Riegel kanalisiert. Das ist in dem Film sehr gut zu erkennen ist, da der Fluss immer eingefasst ist und sehr gerade verläuft. Vor der Kanalisierung floss die Dreisam weiter westlich entlang des Kaiserstuhl-Ostrandes nach Norden.

Filmpioniere aus Freiburg

In der Frühzeit des Kinos gab es neben Berlin und München auch einige Filmproduktionen im Freiburger Raum. So war der gebürtige Kaiserstühler Robert Isidor Schwabthaler (1876-1934) an der international tätigen Firma Raleigh & Robert beteiligt, die sich auf Reisefilme konzentrierten und Beziehungen nach Freiburg unterhielten. Das erste Kino in Freiburg, der Welt-Kinematograph, zeigte im Dezember 1906 die R&R-Produktion "Die Zerstörung von Valparaiso". Der Zentral- Kinematograph, das damals größte Kino der Stadt, zeigte bei seiner Eröffnung 1908 die R&R-Produktion "Schwefelindustrie in Sizilien". R&R ließ auch einige Sujets im Dreiländereck drehen und verkaufte sie international. Dazu gehören 1908 z.B. die Produktionen "Eidgenössisches Schwing- und Alplerfest in Neuchatel", "Seine Majestät der deutsche Kaiser in Elsass-Lothringen" oder "Sonnenbäder in Freiburg, Breisgau". In Freiburg gründeten 1906 vier Kaufleute den kinematographischen Betrieb Kosmograph, der bald in Welt-Kinematograph umbenannt wurde. Zunächst bauten sie eine Kinokette auf (Köln, München, Düsseldorf, Nürnberg, Saarbrücken, Stuttgart, Augsburg, Karlsruhe und Basel) und erweiterten ihren Geschäftsbereich 1908 um kinematographische Straßenreklamen und die Produktion von nicht-fiktionalen Filmen und Filmgeräten. Ziel war es, Filme von Welt, aus der ganzen Welt und über die ganze Welt zu zeigen. Doch zunächst nahmen die Operateure des Welt-Kinematograph lokale und regionale Sujets auf wie "Felsenkletterei im Schwarzwald" (1908). In diesem Zusammenhang entstand auch der Film zur Bootsfahrt auf der Dreisam. Die Produktionsfirma von Welt-Kinematograph hatte seine Geschäftsräume zunächst in der Kaiserstr. 68 in Freiburg (heute Kaiser-Joseph-Strasse), also dieselbe Adresse wir das gleichnamige Kino; 1911 erfolgte der Umzug in die Zähringerstr. 17. Vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Firma zum größten deutschen Anbieter für Reise-, Natur-, und Industriefilmen sowie Völkerstudien und Lehrfilmen; von 1908 bis 1911 konnten 280 Filme nachgewiesen werden. Sie produzierten in den nächsten Jahren solche Filme weiter, doch der Erste Weltkrieg erschwerte das Geschäft. Die Firma wurde 1923/1924 liquidiert.

Bernhard Gotthard, einer der Gründer des Welt-Kinematograph, schied am 29.3.1909 aus und gründete 1910 das Konkurrenzunternehmen Expreß-Film Co. Neben der Produktion von Filmen startete die Firma Ende 1911 mit "Der Tag im Film" die erste deutsche aktuelle Berichterstattung im Kino und baute ein großes Korrespondentennetz auf. Sie waren Pioniere des Aktualitätenkinos, das sich zu Wochenschauen entwickeln sollte. Die Kinobetreiber konnten sich aus einem wöchentlich neuen Angebot einzelne Sujets individuell zusammenstellen. In dieser Firma startete der bekannte Kameramann Sepp Allgeier (1896-1968) mit 16 Jahren seine Karriere. Die Firma drehte auch erste Hochgebirgsfilme wie "4628 Meter hoch auf Skiern. Besteigung des Monte Rosa" (1913), an dessen Dreharbeiten u.a. Arnold Fanck beteiligt war, der in den 1920er Jahren für seine Bergfilme berühmt werden sollte. Sehr erfolgreich und einer der ersten langen Dokumentarfilme war 1913 "Mit der Kamera in die Schlachtfront" über den Krieg zwischen Griechenland und Bulgarien im Auftrag des griechischen Königs oder ihr Film "Winterschlacht in den Vogesen". Die Freiburger Produktionsfirmen haben also wichtige Impulse für die deutsche Filmgeschichte geliefert.

Bibliographie


DITTRICH Wolfgang, Fakten und Fragmente zur Freiburger Filmproduktionsgeschichte 1901-1908, http://www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/Dittrich-Film.htm LANGE Jörg, Die Dreisam – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Lavori Verlag, Freiburg, 2007 (ISBN 978-3-935737-54-8) SCHÄFER Jutta, "An die Spitze vorgerückt..." Frühe Filmproduktion in Freiburg. In: HAUS DES DOKUMENTARFILMS (Hg.), 100 Jahre Filmland Baden-Württemberg, Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart, 2008

ZIMMERMANN Frank, In Schlachten und auf Gipfel. Die Express-Films war einst eine der führenden Filmfirmen, Badische Zeitung, 30.7.2014 (https://www.badische-zeitung.de/freiburg/in-schlachten-und-auf-gipfel--88130303.html)


Article rédigé par

Kay Hoffmann, 20 novembre 2018