Erntedankfest (LFS 00248 4)


 Avertissement[1]

Événements filmés ou en lien


Erntedankfest

Résumé


Erntedankfest in Lahr.

Description


Erntedankfest 1936, Überreichung der Erntegaben auf dem Urteilsplatz / Geschmückte Einspänner und wartende Zuschauer rund um den Urteilsplatz (v. E.). Einmarsch von HJ und BDM. Erntegaben auf langen Tischen.

Métadonnées

N° support :  LFS 00248 4
Date :  1936
Coloration :  Noir et blanc
Son :  Muet
Timecode :  00:03:30
Durée :  00:03:30
Format original :  16 mm
Genre :  Film amateur
Thématiques :  Identité, Traditions, Fêtes locales, Vie rurale
Institution d'origine :  Haus des Dokumentarfilms

Contexte et analyse


„Erntedankfest 1936. Ueberreichung der Erntegaben auf dem Urteilsplatz“ – die Schrifttafel zu Beginn des Films ruft die christliche Tradition des Erntedanks auf. Doch der Zug der Pferdewagen, die die Friedrichstraße in Lahr entlang paradieren, erscheint gleich im nächsten Bild zwischen zwei Uniformierten hindurch: Nazi-Männer geben den Blick auf das Ereignis vor – und der Amateurfilmer wiederholt diesen Blick, filmt die Veranstaltung aus der Sicht derjenigen, die das Erntefest für die nationalsozialistische Partei in Besitz genommen haben.

Bereits 1934 hatte Adolf Hitler verfügt, dass der erste Sonntag nach dem Michaelistag Ende September ein gesetzlicher Feiertag ist – der Erntedanktag. Das NS-Regime nahm sich des Erntedankfestes an, um die Bedeutung der Bauernschaft für das Reich hervorzuheben. Die bäuerliche Lebensform bildete die Grundlage der Blut-und-Boden-Ideologie, und das Reichserntedankfest auf dem Bückeberg bei Hameln war – neben dem Reichsparteitag und der Feier zum 1. Mai – eine der zentralen Großveranstaltungen, um die Nazi-Ideologie in Szene zu setzen.

Die geschmückten Einspänner-Wagen fahren auf, doch das christliche Ritual, bei dem die Gläubigen Gott für die Gaben der Ernte danken, wird besetzt von der Selbstdarstellung einer Partei, die den öffentlichen Raum gerade im Visuellen in einen Raum der Herrschaft verwandelt. Die Pferdewagen fahren auf mit der bäuerlichen Gesellschaft in Tracht, doch der Erntedank-Sonntag ist zur Bühne einer Partei geworden, die den christlichen Ritus für eigene Zwecke profanisiert.

Die Kamera folgt dieser Inszenierung insbesondere mit Schwenks, vollzieht mit Blickbewegungen nach, was sich im Medium eines Festes darstellt, das dabei ist, seinen ursprünglichen Sinn zu verlieren. Wiederholt endet ein Schwenk auf den Parteimännern in Uniform – einer von ihnen erhebt im Vorbeidriften den Arm zum Hitlergruß. Die Umstehenden gleiten vorüber, stehen vorne oder als Ansammlung im Hintergrund, sie sind Statisten in einer politischen Aufführung oder sie haben – als Vertreter der Erntefeier – ihre eigene kleine Rolle darin. Die Feier selbst ist das Medium, die das Verschiedene und Unvereinbare in seiner Aufführung zusammenhält – und die alten Symbole und rituellen Handlungen in einem neuen, trügerischen Resonanzraum aufgehen lässt. Ein junger Mann hält ein Mikrophon. Der neue Kult ist derjenige des Rassenmythos, der den christlichen Ritus – und damit die Kirchen – aus dem öffentlichen Leben verdrängt.

Erneut ist es ein Schwenk, der hastig über eine kleine Gruppe von Parteileuten hinweggeht – ein Vorgesetzter hält eine kurze Rede, die mit Mikrophon aufgenommen wird. Junge Frauen vom Bund deutscher Mädchen kommen in den Blick, streng geordnet mit Fahnen dastehend, gefolgt von einem Grüppchen von SS-Leuten in schwarzer Uniform. Der Lahrer Urteilsplatz ist zu einer Szene der Nationalsozialisten geworden – der lange Tisch mit dem weißen Tischtuch, der Tisch für die Erntegaben, huscht unscheinbar vorüber. Was in der Szene geschieht, folgt neuen Regieanweisungen, denen ein anderer Text zugrunde liegt: Die Erzählung, die im Hintergrund steht, ist diejenige vom Rassenmythos die projektierte Identität einer arischen Volksgemeinschaft.

Vertreter des Erntefests kommen nach einem Schnitt halbnah ins Bild, werden begrüßt von Parteileuten. Der Amateurfilm zeigt die Erntedankfeier als neue Szene, in der die Rollen neu verteilt sind. Die Hauptrede des Parteioberen mit Mikrophon findet nicht nur mit Worten statt, sondern vor allem auch im visuellen Raum der Machtgesten. Der Schwenk in der Halbnahen, der mit dem Redner beginnt, zeigt eine Parteiveranstaltung, auf der allenfalls die Kutsche im Hintergrund noch für den Erntedank-Sonntag steht.

Dann macht der Amateurfilm das, was die professionellen Filme über die NS-Großkundgebungen vorführen: Er zeigt die Veranstaltung von oben, von einem Fenster aus, einer Art Vogelperspektive, in der die Menschenansammlung zu einer visuellen Einheit verschmilzt, wenn mehrmals rhythmisch der Arm zum Hitlergruß erhoben wird und alle für Sekunden verharren. Schließlich marschieren die Jugendorganisationen auf, auch die Hitlerjugend und eine nicht enden wollende Gruppe des Bundes deutscher Mädchen haben ihren Auftritt.

Am Schluss steht das, was zu einem Erntedank-Sonntag gehört, was jedoch in dem kleinen Film kaum mehr zu erwarten war. Plötzlich drängen sich die Menschen an den Erntegaben, der lange Tisch rückt in Nahaufnahmen ins Zentrum. Korb an Korb gleitet vorbei, beladen mit Obst, Brot, Mehl und Blumen und geschmückt mit Hakenkreuzfahnen, was auch hier die Vereinnahmung des Alltags durch den NS-Staat zeigt. Der Schwenk entlang des Tisches wiederholt sich – die Fülle dessen, was zu sehen ist, wird geradezu abgetastet im Blick der Kamera.

Reiner Bader

Lieux ou monuments


Lahr



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