Tenniswettkaempfe (LFS00231) : Différence entre versions

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|Resume_de=Tenniswettkämpfe im Stadtpark Lahr: Spiele, Zuschauer; Geschicklichkeitsübungen mit dem Motorrad.
 
|Resume_de=Tenniswettkämpfe im Stadtpark Lahr: Spiele, Zuschauer; Geschicklichkeitsübungen mit dem Motorrad.
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|Contexte_et_analyse_de=Die Hakenkreuzfahnen hängen auch am Tennisplatz. Sie wehen im Hintergrund, wenn in der ersten Einstellung des Films ein gemischtes Doppel das Spiel beendet bei diesen Tenniswettkämpfen 1938 in Lahr. Im selben Jahr wurde die Gleichschaltung des Deutschen Tennisbundes vollzogen, der bis dahin seine Unabhängigkeit gegenüber dem Nazi-Regime behalten hatte.
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Im ersten Bild schwenkt die Kamera über das Netz, zeigt natürlich mehr Interesse für das Sieger-Paar, das mit einem Lächeln vom Platz geht. Die junge Frau mit den kurzen dunklen Haaren winkt unscheinbar in die Kamera – und entwickelt sich schnell zur Hauptperson des Films. Ein Schwenk, der auch die Anhöhe hinter der Tennisanlage sehen lässt, wird abgebrochen – und schon steht das junge gemischte Paar wieder beim Handschlag am Netz. Die Frau mit den dunklen Haaren ist im Bild, umringt von männlichen Gratulanten. Der Schauplatz ist mit etwas holprigen Schnitten etabliert – und schon stehen die Preise auf einem karierten Tischtuch parat, unübersehbar der Pokal mit Reichsadler und Hakenkreuz.
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Es waren die Aufsehen erregenden Erfolge der Daviscup-Mannschaft mit dem ‚Tennisbaron‘ Gottfried von Cramm, die dem ‚weißen Sport‘ bei den Nationalsozialisten einen Sonderstatus eingeräumt hatten. Von Cramm verlor jedoch bald das Vertrauen, da er bei Empfängen und Ansprachen die Grußpflicht gegenüber Staat und Führer nicht beachtete. Er wurde unter dem Vorwand homosexueller Neigungen verhaftet; seine Karriere war frühzeitig beendet. Auch der Deutsche Tennisbund trat anfangs selbstbewusst auf gegenüber dem NS-Regime, konnte dann aber 1938 die Gleichschaltung nicht mehr verhindern, nachdem sein Vorsitzender Wilhelm von Schomburgk überraschend zurückgetreten war. Von Schomburgk hatte noch 1935 betont,  dass der „freiwillig ausgeübte Sport eine notwendige Ergänzung zum Geländesport“ darstelle und daher nicht kommandiert werden könne. Doch selbst Tennis wurde nach und nach zum Kampf- und Wehrsport. Sport war für das NS-Regime ein Instrument körperlicher Ertüchtigung und zugleich die Möglichkeit, die Volksgemeinschaft wirksam in Szene zu setzen, wie es die Olympischen Spiele 1936 massenmedial vorgeführt hatten.
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Die Zeichen der Zeit sind auch beim Tennisverein in Lahr nicht zu übersehen – und sie verdichten sich bei der Siegerehrung. Die junge Dame mit den dunklen Haaren huscht als erste bei der Preisverleihung vorbei. Die männlichen Gewinner – vermutlich handelt es sich um Vereinsmeisterschaften – zeigen kurz den Hitlergruß nach der Entgegennahme des Preises. Und nach der Rede des Hauptgewinners stehen alle da mit erhobenem Arm – das Bild verschwindet fast, als ob es nur eine Pflicht gegenüber den Machthabern wäre.
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Die Szene der Tennisanlage hat Konturen gewonnen, die Hauptperson ist eingeführt, die Siegerehrung beendet. Der Dokumentarfilm, bei dem das Agfa-Signet am Anfang steht, beobachtet Menschen, die in ihrer Freizeit Tennis spielen: das Muster des Wettstreits verliert mit der Preisverleihung seine dramaturgische Bedeutung, und der Schauplatz kann als die Szene hervortreten, die einen eigenen Sinn für Zeit entwickelt. Die junge Frau bleibt präsent, bewegt sich kurz in einer Nahaufnahme durchs Bild, bevor sich das Treiben auf den Tennisplätzen in den Vordergrund drängt. Bewegungen werden als solche sichtbar, ‚Zwischenschnitte‘ von beiläufigen Aktionen am Netz oder von den Zuschauenden sind mehr als nur Füllsel. Eine Szenerie setzt sich zusammen, bei der auch der Hintergrund mitwirkt – die Anhöhe, die Silhouette der Nadelbäume, ein langgezogenes Haus.
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Hinzu kommt eine arrangierte Nahaufnahme einer Hand mit Tennisbällen und Schläger, mit dazu gehört ein schneller Schnitt auf die Ergebnislisten. Die junge Frau taucht wieder auf, sich unterhaltend zunächst, danach den Ball schlagend in einer Art Bewegungsstudie vor dem Hintergrund der Kirchenmauer. Das Spiel läuft, der Film versammelt Bilder von der Tennisanlage als sozialem Raum wie von der angrenzenden Umgebung, der Landschaft und Stadtlandschaft.
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Tennis, 1938 in Lahr. Die Wettkämpfe zeigen sich in Bildern, die sich öffnen auf das, was Spiel auch im Nationalsozialismus Spiel sein lässt. Die Aufnahmen von der Motorrad-Akrobatik, die sich am Schluss unvermittelt anschließen – heute spricht man von Motorrad-Stunt-Fahren – lassen die Zuschauer am Bildrand immer wieder sichtbar werden als amorphe Masse. Akrobatische Aktionen auf einem Parcours als die Verbindung von Sport und Motortechnik wechseln sich ab mit ‚Stunts‘, bei denen Motorräder durch einen Feuerreifen oder eine Papierwand fahren. Vermutlich handelt es sich um ein Gastspiel in Lahr –  eine Attraktion, bei der Sport zu der Schau geworden ist, mit der sich unscheinbar die Volksgemeinschaft in Szene setzen lässt.
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Reiner Bader
 
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Version du 7 février 2020 à 17:16


Avertissement[1]

Résumé


Tenniswettkämpfe im Stadtpark Lahr: Spiele, Zuschauer; Geschicklichkeitsübungen mit dem Motorrad.

Métadonnées

N° support :  LFS00231
Date :  1938
Coloration :  Noir et blanc
Son :  Muet
Durée :  00:04:38
Format original :  16 mm
Genre :  Documentaire
Institution d'origine :  Haus des Dokumentarfilms

Contexte et analyse


Die Hakenkreuzfahnen hängen auch am Tennisplatz. Sie wehen im Hintergrund, wenn in der ersten Einstellung des Films ein gemischtes Doppel das Spiel beendet bei diesen Tenniswettkämpfen 1938 in Lahr. Im selben Jahr wurde die Gleichschaltung des Deutschen Tennisbundes vollzogen, der bis dahin seine Unabhängigkeit gegenüber dem Nazi-Regime behalten hatte.

Im ersten Bild schwenkt die Kamera über das Netz, zeigt natürlich mehr Interesse für das Sieger-Paar, das mit einem Lächeln vom Platz geht. Die junge Frau mit den kurzen dunklen Haaren winkt unscheinbar in die Kamera – und entwickelt sich schnell zur Hauptperson des Films. Ein Schwenk, der auch die Anhöhe hinter der Tennisanlage sehen lässt, wird abgebrochen – und schon steht das junge gemischte Paar wieder beim Handschlag am Netz. Die Frau mit den dunklen Haaren ist im Bild, umringt von männlichen Gratulanten. Der Schauplatz ist mit etwas holprigen Schnitten etabliert – und schon stehen die Preise auf einem karierten Tischtuch parat, unübersehbar der Pokal mit Reichsadler und Hakenkreuz.

Es waren die Aufsehen erregenden Erfolge der Daviscup-Mannschaft mit dem ‚Tennisbaron‘ Gottfried von Cramm, die dem ‚weißen Sport‘ bei den Nationalsozialisten einen Sonderstatus eingeräumt hatten. Von Cramm verlor jedoch bald das Vertrauen, da er bei Empfängen und Ansprachen die Grußpflicht gegenüber Staat und Führer nicht beachtete. Er wurde unter dem Vorwand homosexueller Neigungen verhaftet; seine Karriere war frühzeitig beendet. Auch der Deutsche Tennisbund trat anfangs selbstbewusst auf gegenüber dem NS-Regime, konnte dann aber 1938 die Gleichschaltung nicht mehr verhindern, nachdem sein Vorsitzender Wilhelm von Schomburgk überraschend zurückgetreten war. Von Schomburgk hatte noch 1935 betont, dass der „freiwillig ausgeübte Sport eine notwendige Ergänzung zum Geländesport“ darstelle und daher nicht kommandiert werden könne. Doch selbst Tennis wurde nach und nach zum Kampf- und Wehrsport. Sport war für das NS-Regime ein Instrument körperlicher Ertüchtigung und zugleich die Möglichkeit, die Volksgemeinschaft wirksam in Szene zu setzen, wie es die Olympischen Spiele 1936 massenmedial vorgeführt hatten.

Die Zeichen der Zeit sind auch beim Tennisverein in Lahr nicht zu übersehen – und sie verdichten sich bei der Siegerehrung. Die junge Dame mit den dunklen Haaren huscht als erste bei der Preisverleihung vorbei. Die männlichen Gewinner – vermutlich handelt es sich um Vereinsmeisterschaften – zeigen kurz den Hitlergruß nach der Entgegennahme des Preises. Und nach der Rede des Hauptgewinners stehen alle da mit erhobenem Arm – das Bild verschwindet fast, als ob es nur eine Pflicht gegenüber den Machthabern wäre.

Die Szene der Tennisanlage hat Konturen gewonnen, die Hauptperson ist eingeführt, die Siegerehrung beendet. Der Dokumentarfilm, bei dem das Agfa-Signet am Anfang steht, beobachtet Menschen, die in ihrer Freizeit Tennis spielen: das Muster des Wettstreits verliert mit der Preisverleihung seine dramaturgische Bedeutung, und der Schauplatz kann als die Szene hervortreten, die einen eigenen Sinn für Zeit entwickelt. Die junge Frau bleibt präsent, bewegt sich kurz in einer Nahaufnahme durchs Bild, bevor sich das Treiben auf den Tennisplätzen in den Vordergrund drängt. Bewegungen werden als solche sichtbar, ‚Zwischenschnitte‘ von beiläufigen Aktionen am Netz oder von den Zuschauenden sind mehr als nur Füllsel. Eine Szenerie setzt sich zusammen, bei der auch der Hintergrund mitwirkt – die Anhöhe, die Silhouette der Nadelbäume, ein langgezogenes Haus.

Hinzu kommt eine arrangierte Nahaufnahme einer Hand mit Tennisbällen und Schläger, mit dazu gehört ein schneller Schnitt auf die Ergebnislisten. Die junge Frau taucht wieder auf, sich unterhaltend zunächst, danach den Ball schlagend in einer Art Bewegungsstudie vor dem Hintergrund der Kirchenmauer. Das Spiel läuft, der Film versammelt Bilder von der Tennisanlage als sozialem Raum wie von der angrenzenden Umgebung, der Landschaft und Stadtlandschaft.

Tennis, 1938 in Lahr. Die Wettkämpfe zeigen sich in Bildern, die sich öffnen auf das, was Spiel auch im Nationalsozialismus Spiel sein lässt. Die Aufnahmen von der Motorrad-Akrobatik, die sich am Schluss unvermittelt anschließen – heute spricht man von Motorrad-Stunt-Fahren – lassen die Zuschauer am Bildrand immer wieder sichtbar werden als amorphe Masse. Akrobatische Aktionen auf einem Parcours als die Verbindung von Sport und Motortechnik wechseln sich ab mit ‚Stunts‘, bei denen Motorräder durch einen Feuerreifen oder eine Papierwand fahren. Vermutlich handelt es sich um ein Gastspiel in Lahr – eine Attraktion, bei der Sport zu der Schau geworden ist, mit der sich unscheinbar die Volksgemeinschaft in Szene setzen lässt.

Reiner Bader



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