Reiterfest in Kürzell (LFS00248 3) : Différence entre versions
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Einzug der Reiter in Uniform. Cavaletti-Vorführung. Springen. Defilee von Zweispännern. Siegerehrung. | Einzug der Reiter in Uniform. Cavaletti-Vorführung. Springen. Defilee von Zweispännern. Siegerehrung. | ||
+ | |Contexte_et_analyse_de=LFS 248_3 Reiterfest Kürzell | ||
+ | Der Kurzfilm konzentriert sich auf das Reiterfest 1936 in Kürzell, welches ganz im Zeichen des NS-Regimes stand. Die teilnehmenden Reiter sind ausnahmslos uniformiert, der Turnierplatz ist mit Hakenkreuzfahnen geschmückt. Die Reiter treten in verschiedenen Wettbewerben gegeneinander an wie Abteilungsreiten, Trabrennen, Jagdspringen und Zweispännerwägen. Viele Zuschauer besuchen das Turnier. Scheinbar ranghohe Uniformierte und weitere Ehrengäste verfolgen das Reiterfest von einer geschmückten Tribüne aus. Gegen Ende des Filmes erfolgt die Siegerehrung. | ||
+ | Der eineinhalb Minuten lange, stumme 16 mm-Schwarzweißfilm dokumentiert das Ereignis sehr authentisch. Die leicht wackelnde Kamera lässt auf einen Amateur-Filmemacher schließen, der auf die Nutzung eines Stativs verzichtete. Das Reiterfest in Kürzell 1936 ist ein Exempel dafür, wie Politik und Militär – erkennbar an den Symbolen des Nationalsozialismus – selbst pferdesportliche Wettbewerbe vereinnahmten. Die Nationalsozialisten sahen den Sport lediglich als Mittel zum Zweck, im Sinne der Ertüchtigung für den abzuleistenden Wehrdienst. Am 11. Dezember 1934 erfolgte die ‚Gleichschaltung‘ der Reitvereine. Die Vereine wurden aufgelöst und zu Reitergruppen umformiert, um die Aktivitäten zu zentralisieren. Der Großteil dieser Reitergruppen übernahm den sogenannten ‚Arierparagraphen‘, das Führerprinzip sowie die ‚Gleichschaltung der Vorstände‘. Hierfür war kein großer Druck seitens der Nationalsozialisten nötig. Falls sich die Vereine weigerten, drohte deren Auflösung, die Verantwortlichen wurden entmachtet und durch ‚linientreue‘ Personen ersetzt. | ||
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+ | Die Geschichte des Pferdesports zeigt, wie die damaligen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Begebenheiten den Einsatz von Pferden maßgeblich geprägt und verändert haben. Der Pferdesport in der Ortenau hat seinen Ursprung in der landwirtschaftlichen Pferdehaltung und begann in der Gründerzeit. Er war gekoppelt an die militärische Nutzung und Ausbildung der Pferde. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde 1920 der ‚Rennverein Kürzell‘ gegründet, der dann auch Pferderennen organisierte. Kürzell wurde 1922 mit der Einrichtung einer Hengststation zum Mittelpunkt der Rieder Pferdezucht. In Südbaden entstanden zahlreiche Zucht-, Reit-, Renn- und Fahrvereine, die von den Nationalsozialisten zu SA-Reiterstürmen gleichgeschaltet wurden. Den Mitgliedern der bisherigen Reitvereine wurde es in der Vorkriegszeit nahegelegt, den SA-Reiterstürmen beizutreten, um weiterhin im Reitsport aktiv sein zu können. Durch vormilitärische Aufgaben sollten junge Männer zudem auf Militärzeit und Kriegsdienst vorbereitet werden. Ab 1934 war die Teilnahme an Turnieren, Aufmärschen und Parteikundgebungen nur noch in Uniform erlaubt. Mit einer Verfügung vom 10. März 1936 erfolgte die Aufstellung des nationalsozialistischen Reiterkorps (NSRK) als zentraler Dachverband. Pferdesportveranstaltungen bis 1939 wurden von den SA-Reitführern organisiert, die Turnierteilnehmer mussten Mitglieder des jeweiligen SA-Reitersturms sein. Bei einem Sieg erhielten die Reiter die Trophäe, die Pferdebesitzer in der Regel die Geldpreise. Die besten Reiter qualifizierten sich für die Badischen Meisterschaften in Iffezheim. | ||
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+ | Beim Reiterfest Kürzell handelte es sich um ein Reitturnier des SA-Reitersturms 5/53 Lahr-Mahlberg unter Führung von Obertruppführer Killius. An diesem Sonntag, 28. Juni 1936 gegen 14 Uhr versammelten sich 1.200 Zuschauer und geladene Gäste auf den ‚alten Rennwiesen‘ in Kürzell. Die 40 Turnierteilnehmer vom SA-Reitersturm 5/53 ritten auf den besten Pferden des Stalls. Zum Auftakt wurde der von Adolf Hitler geschätzte Badonviller-Marsch von Georg Fürst – auch bekannt als Badenweilermarsch – gespielt, der ein deutsch-französisches Gefecht aus dem Ersten Weltkrieg thematisiert. Im Anschluss an den Aufmarsch der Turnierteilnehmer erfolgte eine Ansprache des SA-Gruppenreiterführers Lauffer. In der Filmaufnahme könnte dies der Uniformierte neben einem großen Mikrofon auf der Tribüne sein, der den Hitlergruß Richtung Rennwiese gibt, als wolle er den Start des Turniers freigeben. | ||
+ | Im Film sind mehrere Disziplinen in kurzen, sich abwechselnden Sequenzen zu sehen, darunter das Bodenrick-Jagdspringen – erkennbar an den weißen Holzstangen, die mit an den Enden befestigten Halterungen zu einer niedrigen Hürde aufgebaut sind. Der Gelände- und Findigkeitsritt, bei dem natürliche Hindernisse überwunden werden, ist anhand eines Reiters dargestellt, der sein Pferd in das Flussbett der Unditz lenkt. Außerdem zeigt der Film das Vorfahren der Zweispänner nach der Methode Achenbach sowie das Jagdspringen der Klasse A, einer nicht sehr anspruchsvollen Anfänger-Klasse. Um während des Turniers den jugendlichen Zuschauern, darunter auch der anwesenden Hitlerjugend eine besondere Freude zu machen, ließ der Gruppenreiterführer Lauffer sie ein ‚Rennen‘ auf dem Turnierfeld abhalten, dessen Sieger eine Belohnung erhielt. | ||
+ | Der Höhepunkt des Reitturniers bildete das Reiten auf ungesattelten Pferden. Insgesamt acht Reiter des SA-Reitersturms brachten dies zu Ende, ohne einmal vom Pferd zu fallen. Bei der Siegerehrung und Preisverteilung, die im Anschluss an das Programm auf dem Turnierfeld vorgenommen wurde, überreichte der Gruppenreiterführer Lauffer jedem Sieger der sechs Kategorien einen Sonderpreis – ein Bild des Führers und des Reichskanzlers. Die Reiter scheinen die Aufmerksamkeit zu genießen, was nicht weiter verwundert, da viele von ihnen Freizeitsportler bzw. Amateure waren und unter der Woche ihren bürgerlichen Berufen oder ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft nachgingen. In der Schlussszene wird die gehisste Hakenkreuzfahne auf der Tribüne von zwei Uniformierten eingeholt, womit das Fest offiziell endet. | ||
+ | Sophia Dresel, Elaine Kohler | ||
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Version du 9 avril 2020 à 06:21
Résumé
Description
ZT: Reiterfest in Kürzell /
Einzug der Reiter in Uniform. Cavaletti-Vorführung. Springen. Defilee von Zweispännern. Siegerehrung.
Contexte et analyse
LFS 248_3 Reiterfest Kürzell
Der Kurzfilm konzentriert sich auf das Reiterfest 1936 in Kürzell, welches ganz im Zeichen des NS-Regimes stand. Die teilnehmenden Reiter sind ausnahmslos uniformiert, der Turnierplatz ist mit Hakenkreuzfahnen geschmückt. Die Reiter treten in verschiedenen Wettbewerben gegeneinander an wie Abteilungsreiten, Trabrennen, Jagdspringen und Zweispännerwägen. Viele Zuschauer besuchen das Turnier. Scheinbar ranghohe Uniformierte und weitere Ehrengäste verfolgen das Reiterfest von einer geschmückten Tribüne aus. Gegen Ende des Filmes erfolgt die Siegerehrung.
Der eineinhalb Minuten lange, stumme 16 mm-Schwarzweißfilm dokumentiert das Ereignis sehr authentisch. Die leicht wackelnde Kamera lässt auf einen Amateur-Filmemacher schließen, der auf die Nutzung eines Stativs verzichtete. Das Reiterfest in Kürzell 1936 ist ein Exempel dafür, wie Politik und Militär – erkennbar an den Symbolen des Nationalsozialismus – selbst pferdesportliche Wettbewerbe vereinnahmten. Die Nationalsozialisten sahen den Sport lediglich als Mittel zum Zweck, im Sinne der Ertüchtigung für den abzuleistenden Wehrdienst. Am 11. Dezember 1934 erfolgte die ‚Gleichschaltung‘ der Reitvereine. Die Vereine wurden aufgelöst und zu Reitergruppen umformiert, um die Aktivitäten zu zentralisieren. Der Großteil dieser Reitergruppen übernahm den sogenannten ‚Arierparagraphen‘, das Führerprinzip sowie die ‚Gleichschaltung der Vorstände‘. Hierfür war kein großer Druck seitens der Nationalsozialisten nötig. Falls sich die Vereine weigerten, drohte deren Auflösung, die Verantwortlichen wurden entmachtet und durch ‚linientreue‘ Personen ersetzt.
Die Geschichte des Pferdesports zeigt, wie die damaligen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Begebenheiten den Einsatz von Pferden maßgeblich geprägt und verändert haben. Der Pferdesport in der Ortenau hat seinen Ursprung in der landwirtschaftlichen Pferdehaltung und begann in der Gründerzeit. Er war gekoppelt an die militärische Nutzung und Ausbildung der Pferde. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde 1920 der ‚Rennverein Kürzell‘ gegründet, der dann auch Pferderennen organisierte. Kürzell wurde 1922 mit der Einrichtung einer Hengststation zum Mittelpunkt der Rieder Pferdezucht. In Südbaden entstanden zahlreiche Zucht-, Reit-, Renn- und Fahrvereine, die von den Nationalsozialisten zu SA-Reiterstürmen gleichgeschaltet wurden. Den Mitgliedern der bisherigen Reitvereine wurde es in der Vorkriegszeit nahegelegt, den SA-Reiterstürmen beizutreten, um weiterhin im Reitsport aktiv sein zu können. Durch vormilitärische Aufgaben sollten junge Männer zudem auf Militärzeit und Kriegsdienst vorbereitet werden. Ab 1934 war die Teilnahme an Turnieren, Aufmärschen und Parteikundgebungen nur noch in Uniform erlaubt. Mit einer Verfügung vom 10. März 1936 erfolgte die Aufstellung des nationalsozialistischen Reiterkorps (NSRK) als zentraler Dachverband. Pferdesportveranstaltungen bis 1939 wurden von den SA-Reitführern organisiert, die Turnierteilnehmer mussten Mitglieder des jeweiligen SA-Reitersturms sein. Bei einem Sieg erhielten die Reiter die Trophäe, die Pferdebesitzer in der Regel die Geldpreise. Die besten Reiter qualifizierten sich für die Badischen Meisterschaften in Iffezheim.
Beim Reiterfest Kürzell handelte es sich um ein Reitturnier des SA-Reitersturms 5/53 Lahr-Mahlberg unter Führung von Obertruppführer Killius. An diesem Sonntag, 28. Juni 1936 gegen 14 Uhr versammelten sich 1.200 Zuschauer und geladene Gäste auf den ‚alten Rennwiesen‘ in Kürzell. Die 40 Turnierteilnehmer vom SA-Reitersturm 5/53 ritten auf den besten Pferden des Stalls. Zum Auftakt wurde der von Adolf Hitler geschätzte Badonviller-Marsch von Georg Fürst – auch bekannt als Badenweilermarsch – gespielt, der ein deutsch-französisches Gefecht aus dem Ersten Weltkrieg thematisiert. Im Anschluss an den Aufmarsch der Turnierteilnehmer erfolgte eine Ansprache des SA-Gruppenreiterführers Lauffer. In der Filmaufnahme könnte dies der Uniformierte neben einem großen Mikrofon auf der Tribüne sein, der den Hitlergruß Richtung Rennwiese gibt, als wolle er den Start des Turniers freigeben. Im Film sind mehrere Disziplinen in kurzen, sich abwechselnden Sequenzen zu sehen, darunter das Bodenrick-Jagdspringen – erkennbar an den weißen Holzstangen, die mit an den Enden befestigten Halterungen zu einer niedrigen Hürde aufgebaut sind. Der Gelände- und Findigkeitsritt, bei dem natürliche Hindernisse überwunden werden, ist anhand eines Reiters dargestellt, der sein Pferd in das Flussbett der Unditz lenkt. Außerdem zeigt der Film das Vorfahren der Zweispänner nach der Methode Achenbach sowie das Jagdspringen der Klasse A, einer nicht sehr anspruchsvollen Anfänger-Klasse. Um während des Turniers den jugendlichen Zuschauern, darunter auch der anwesenden Hitlerjugend eine besondere Freude zu machen, ließ der Gruppenreiterführer Lauffer sie ein ‚Rennen‘ auf dem Turnierfeld abhalten, dessen Sieger eine Belohnung erhielt. Der Höhepunkt des Reitturniers bildete das Reiten auf ungesattelten Pferden. Insgesamt acht Reiter des SA-Reitersturms brachten dies zu Ende, ohne einmal vom Pferd zu fallen. Bei der Siegerehrung und Preisverteilung, die im Anschluss an das Programm auf dem Turnierfeld vorgenommen wurde, überreichte der Gruppenreiterführer Lauffer jedem Sieger der sechs Kategorien einen Sonderpreis – ein Bild des Führers und des Reichskanzlers. Die Reiter scheinen die Aufmerksamkeit zu genießen, was nicht weiter verwundert, da viele von ihnen Freizeitsportler bzw. Amateure waren und unter der Woche ihren bürgerlichen Berufen oder ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft nachgingen. In der Schlussszene wird die gehisste Hakenkreuzfahne auf der Tribüne von zwei Uniformierten eingeholt, womit das Fest offiziell endet.
Sophia Dresel, Elaine KohlerLieux ou monuments
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