Winter (LFS01413 6) : Différence entre versions
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+ | |Contexte_et_analyse_de=Die Sonne inmitten eines Scheins von Morgenrot – das gelbe Rund steht stimmungsvoll über schneebedeckten Dächern. Der Amateurfilm war bereits seit Mitte der 1930er Jahre farbig geworden, und auch in diesen Winterimpressionen aus Philippsburg 1957 tun sich die Farben unscheinbar hervor neben dem Weiß der verschneiten Stadtlandschaft. Im Spielfilm war Farbigkeit den Regisseuren mit Kunstanspruch nicht immer willkommen, da der Farbfilm den Realismus des Mediums noch verstärkte. Im Amateurfilm war sie ein Mittel, dem Versprechen des Dokumentarischen und Authentischen noch mehr Nachdruck zu verleihen. | ||
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+ | Auch für den Amateurfilmer bleibt die Herausforderung, dem eigenen Film eine eigene Gestalt zu geben. Die erste Einstellung der Wintereindrücke markiert nicht nur eine Tageszeit, sie nutzt eine der Grundmöglichkeiten der Bildgestaltung: Die Szenerie mit Morgensonne kippt ins Flächige, gewinnt ihre atmosphärische Dichte, indem das Sichtbare zwischen Fläche und Tiefe erscheint. Der Kontrast ist umso deutlicher, wenn in der nächsten Einstellung mit der tiefenscharfen Abbildung die andere grundlegende Möglichkeit visueller Anordnung aufgegriffen wird: Eine Straße und ein Bach ziehen nebeneinander den Blick in die Tiefe, und der Schnee zeigt seine Oberfläche in den Abstufungen von Licht und Schatten. Der Bildraum tritt mit den gestaffelten Flächen in Weiß umso mehr als Raumbild hervor, als ‚Bild‘ einer Winterlandschaft, die etwas Malerisches bekommt. | ||
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+ | Dann huscht eine Frau im Vordergrund durch das Bild, während die Straße noch im Schatten liegt unter den hell erleuchteten Schneedächern. Der Tag beginnt, und auch im Amateurfilm ergeben sich einfache Möglichkeiten, Bewegung im bewegten Bild einzufangen: Menschen gehen auf die Kamera zu, fahren auf sie zu, so wie jetzt der Wagen mit den Männern vom Winterdienst. In mehreren Schnitten nähert er sich der Kamera, der Fahrer wird in einer Nahaufnahme genauer erkennbar, seine schaufelnden Mitarbeiter in der Halbnahen. Der Film greift auf die Mittel der „Auflösung“ zurück, wie man sie aus Spiel- und Dokumentarfilmen kennt, er vollzieht gewissermaßen nach, was das Kino mit der Gestaltung einer Handlung vorführt. Der fortschreitende Morgen bringt eine zeitliche Kontinuität ins Spiel, die sich mit einem überraschenden räumlichen Sprung verbindet: Mit dem Wagen vom Winterdienst führt die Bewegung auf die Kamera zu – und sie führt von ihr weg, wenn nach einem Schnitt eine Radfahrerin eine andere verschneite Straße hinunter fährt. Der Film hält sich immer wieder an das Assoziative – und macht sichtbar, was dem Blick sonst leicht entgeht: zufällige Alltagsszenen im Atmosphärischen ihrer visuellen Erscheinung, Stadträume in diesem Fall, die sich zum bruchstückhaften Bild einer winterlichen Stadt zusammensetzen. | ||
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+ | Die Atmosphäre verdichtet sich noch, wenn die verschneite Christuskirche sich im Glanz des Sonnenlichtes zeigt und unerwartet ein Mann die Einstellung im Vordergrund durchquert. Er erscheint erneut, unterhält sich mit anderen Wartenden – der Sprung von der Halbnah- in die Nahaufnahme scheint seine Bedeutung noch zu unterstreichen. Die folgenden Bilder fügen sich weiter zum Beginn einer Geschichte: Wartende an einer Hauswand, Kinder kommen aus dem Haus, begleitet von einer Ordensschwester. Der junge Mann holt seinen Sohn ab, so macht eine Halbnahaufnahme deutlich, in der beide mit einem Fahrrad zu sehen sind. | ||
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+ | Der Film entscheidet sich für die dokumentarischen Bilder, die ihr eigenes Gewicht bekommen, indem sie auf das verweisen, was sie zeigen und eine Geschichte nur andeuten. Die bunten Farben von Mütze und Handschuhen heben sich ab, wenn eine Frau mit ihren beiden Kindern vor der Hauswand steht. Eine Szene wie aus einer Reportage schiebt sich dazwischen, wenn ein Mann mit Schaufel in die Kamera spricht. Der Familienfilm bekommt sein Bild, wenn ein Junge mit Roller auf das Signal zum Losfahren wartet. Kleine Alltagsgeschichten blitzen auf und bleiben doch Zufallsbilder, reihen sich ein in das Bild einer winterlichen Stadt und lassen sich einordnen in die fortschreitende Tageszeit. Zwei Frauen beim Plaudern, erst in der Haustür mit dem gelben Rahmen, dann vor dem Haus an der Treppe. Der Kamerablick wird spürbarer, wenn zuletzt eine andere Frau an der Hauswand lächelnd in die Kamera schaut. | ||
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+ | Dieser Kamerablick heftet sich an die Dinge als Phänomene, ob sie nun spontan festgehalten sind oder ein Anspruch auf Gestaltung erkennbar wird. Immer wieder kehren die Impressionen des Wintertages ihren sensuellen Überschuss hervor – und können in ihrer Wahrnehmung zu kleinen Ereignissen werden. Ein kurzer Amateurfilm hält sich an die Authentizität des Dokumentarischen, indem die Spuren seiner Bilder eine winterliche Stadt zwischen Alltag und Poesie sichtbar werden lassen – und in das Philippsburg des Jahres 1957 führen. | ||
+ | Reiner Bader | ||
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Version du 25 septembre 2019 à 13:24
Résumé
Contexte et analyse
Die Sonne inmitten eines Scheins von Morgenrot – das gelbe Rund steht stimmungsvoll über schneebedeckten Dächern. Der Amateurfilm war bereits seit Mitte der 1930er Jahre farbig geworden, und auch in diesen Winterimpressionen aus Philippsburg 1957 tun sich die Farben unscheinbar hervor neben dem Weiß der verschneiten Stadtlandschaft. Im Spielfilm war Farbigkeit den Regisseuren mit Kunstanspruch nicht immer willkommen, da der Farbfilm den Realismus des Mediums noch verstärkte. Im Amateurfilm war sie ein Mittel, dem Versprechen des Dokumentarischen und Authentischen noch mehr Nachdruck zu verleihen.
Auch für den Amateurfilmer bleibt die Herausforderung, dem eigenen Film eine eigene Gestalt zu geben. Die erste Einstellung der Wintereindrücke markiert nicht nur eine Tageszeit, sie nutzt eine der Grundmöglichkeiten der Bildgestaltung: Die Szenerie mit Morgensonne kippt ins Flächige, gewinnt ihre atmosphärische Dichte, indem das Sichtbare zwischen Fläche und Tiefe erscheint. Der Kontrast ist umso deutlicher, wenn in der nächsten Einstellung mit der tiefenscharfen Abbildung die andere grundlegende Möglichkeit visueller Anordnung aufgegriffen wird: Eine Straße und ein Bach ziehen nebeneinander den Blick in die Tiefe, und der Schnee zeigt seine Oberfläche in den Abstufungen von Licht und Schatten. Der Bildraum tritt mit den gestaffelten Flächen in Weiß umso mehr als Raumbild hervor, als ‚Bild‘ einer Winterlandschaft, die etwas Malerisches bekommt.
Dann huscht eine Frau im Vordergrund durch das Bild, während die Straße noch im Schatten liegt unter den hell erleuchteten Schneedächern. Der Tag beginnt, und auch im Amateurfilm ergeben sich einfache Möglichkeiten, Bewegung im bewegten Bild einzufangen: Menschen gehen auf die Kamera zu, fahren auf sie zu, so wie jetzt der Wagen mit den Männern vom Winterdienst. In mehreren Schnitten nähert er sich der Kamera, der Fahrer wird in einer Nahaufnahme genauer erkennbar, seine schaufelnden Mitarbeiter in der Halbnahen. Der Film greift auf die Mittel der „Auflösung“ zurück, wie man sie aus Spiel- und Dokumentarfilmen kennt, er vollzieht gewissermaßen nach, was das Kino mit der Gestaltung einer Handlung vorführt. Der fortschreitende Morgen bringt eine zeitliche Kontinuität ins Spiel, die sich mit einem überraschenden räumlichen Sprung verbindet: Mit dem Wagen vom Winterdienst führt die Bewegung auf die Kamera zu – und sie führt von ihr weg, wenn nach einem Schnitt eine Radfahrerin eine andere verschneite Straße hinunter fährt. Der Film hält sich immer wieder an das Assoziative – und macht sichtbar, was dem Blick sonst leicht entgeht: zufällige Alltagsszenen im Atmosphärischen ihrer visuellen Erscheinung, Stadträume in diesem Fall, die sich zum bruchstückhaften Bild einer winterlichen Stadt zusammensetzen.
Die Atmosphäre verdichtet sich noch, wenn die verschneite Christuskirche sich im Glanz des Sonnenlichtes zeigt und unerwartet ein Mann die Einstellung im Vordergrund durchquert. Er erscheint erneut, unterhält sich mit anderen Wartenden – der Sprung von der Halbnah- in die Nahaufnahme scheint seine Bedeutung noch zu unterstreichen. Die folgenden Bilder fügen sich weiter zum Beginn einer Geschichte: Wartende an einer Hauswand, Kinder kommen aus dem Haus, begleitet von einer Ordensschwester. Der junge Mann holt seinen Sohn ab, so macht eine Halbnahaufnahme deutlich, in der beide mit einem Fahrrad zu sehen sind.
Der Film entscheidet sich für die dokumentarischen Bilder, die ihr eigenes Gewicht bekommen, indem sie auf das verweisen, was sie zeigen und eine Geschichte nur andeuten. Die bunten Farben von Mütze und Handschuhen heben sich ab, wenn eine Frau mit ihren beiden Kindern vor der Hauswand steht. Eine Szene wie aus einer Reportage schiebt sich dazwischen, wenn ein Mann mit Schaufel in die Kamera spricht. Der Familienfilm bekommt sein Bild, wenn ein Junge mit Roller auf das Signal zum Losfahren wartet. Kleine Alltagsgeschichten blitzen auf und bleiben doch Zufallsbilder, reihen sich ein in das Bild einer winterlichen Stadt und lassen sich einordnen in die fortschreitende Tageszeit. Zwei Frauen beim Plaudern, erst in der Haustür mit dem gelben Rahmen, dann vor dem Haus an der Treppe. Der Kamerablick wird spürbarer, wenn zuletzt eine andere Frau an der Hauswand lächelnd in die Kamera schaut.
Dieser Kamerablick heftet sich an die Dinge als Phänomene, ob sie nun spontan festgehalten sind oder ein Anspruch auf Gestaltung erkennbar wird. Immer wieder kehren die Impressionen des Wintertages ihren sensuellen Überschuss hervor – und können in ihrer Wahrnehmung zu kleinen Ereignissen werden. Ein kurzer Amateurfilm hält sich an die Authentizität des Dokumentarischen, indem die Spuren seiner Bilder eine winterliche Stadt zwischen Alltag und Poesie sichtbar werden lassen – und in das Philippsburg des Jahres 1957 führen.
Reiner BaderLieux ou monuments
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